Das Gehirn-Geist-Problem

Diese Dokumentation wurde erstellt von Katharina Beuter, Dirk Borstlap, Swantje Dahlen, Maximilian Eiden, Sebastian Föllner, Nadine Grebert, Andreas Hesse, Martin Kampmann, Julia Keller, Marco Kuhlmann, Maria Möllemann, Stephanie Sauer, Dmitrij Sverdlov, Christoph Thomas und Christin Wiens. Die Rechte für die Verbreitung der Texte liegen bei den Autoren. – Die vorliegende Netz-Fassung wurde bearbeitet von Marco Kuhlmann.


Übersicht

Einleitung

Dualistische Ansätze

Monistische Ansätze

Andere Ansätze

Künstliche Intelligenz

Bewusstsein: Bieri, Frank, Metzinger

Kreativität

Christliche Standpunkte

Was hat Sprache mit Denken zu tun? Die Sapir-Whorf-Hypothese

Und nun? Versuch einer Zusammenfassung


Einleitung

[Gehirn und Geist]

...alt und jung bestürmt mich mit Problemen.
Zum Beispiel nur: noch niemand konnt’ es fassen,
wie Seel’ und Leib so schön zusammenpassen,
So fest sich halten, als um nie zu scheiden,
Und doch den Tag sich immerfort verleiden.
Goethe: Faust II, 6892-6896

Gehirn und Geist – zwei Begriffe, die wir fast täglich und oft auch unbewusst verwenden, normalerweise aber ohne viel über ihren Inhalt nachzudenken. Manchmal meinen wir mit beiden das Gleiche; wenn wir zum Beispiel jemandem „Grips“ zubilligen, weil er oder sie eine „geistreiche“ Bemerkung von sich gegeben hat. Doch kann man auch recht deutlich zwischen dem klar materiellen Gehirn einerseits und dem doch ziemlich abstrakten „Geist“ andererseits trennen. Wie sieht es nun also aus mit den beiden, und wie stehen sie zueinander? Die Komplexität dieses Problems durch die Diskussion verschiedener Lösungsansätze zu erkennen war das Ziel unseres Kurses.

Während man sich mit den meisten Menschen darüber einigen kann, dass wir alle ein Gehirn besitzen, stellt sich die Antwort auf die Frage, ob es auch einen menschlichen Geist gebe, weit schwieriger dar. Mehrere, mit denen wir auf der Akademie Annweiler über Gehirn und Geist diskutierten, nahmen dabei sogar eine streng solipsistische Position ein: niemals könnten sie sicher sein, dass außer ihnen selbst jemand „Geist“ oder ein „Bewusstsein“ habe. Das Hinderliche an solchen Standpunkten ist, dass sie jede weitere Diskussion unmöglich machen – gerade das aber war eine unserer Hauptbeschäftigungen.

Unser Konzept sah dabei vor sich dem Gehirn-Geist-Problem aus zwei Richtungen zu nähern:

Aber wir waren nicht die einzigen, die sich mit dem Problemkomplex Gehirn-Geist beschäftigten, denn schaute man sich auf der Akademie Annweiler einmal um, stellte man fest, dass die einzelnen Kurse sich zwar mit sehr unterschiedlichen Themen befassten, die auf den ersten Blick in keinem Zusammenhang mit dem unsrigen standen. Immer wieder aber bemerkten wir, dass sie irgendwann einen Punkt erreichten, an dem sie zu Fragen gelangten, die auch wir diskutierten: Kann man wirklich alles berechnen? Besitzt ein Komponist wirklich Kreativität? Gibt es überhaupt einen Freien Willen, der Menschenrechte notwendig machen würde?

Möglicherweise sind wir der Bedeutung dieser Probleme ein kleines Stück näher gekommen.

In diesem Sinne: Omm!


No idea about my soul: Platon

Highlights auf platonisch

428/27 erblickte eines schönen Tages, warum nicht am 23. Mai, in einer attischen Stadt namens Athen Aristokles Aristonides das Licht der Welt, den man später Platon rief, um bis 348/47 dort zu verweilen. Vor seiner Geburt wütete der Peloponnesische Krieg, und nach seinem Wirken eroberte Alexander der Große den Globus: Das klassische Griechenland stand im Zenit.

Ab dem Jahre 407 gesellte sich Platon zu den Schülern des Sokrates, in dessen Dunstkreis er bis zum tragischen Tod des großen Meisters 399 verweilte.

Die politischen Verhältnisse der Jahrhundertwende brachten Platons geliebten und bewunderten Lehrer, den unbequemen Frager und Demokratiekritiker Sokrates auf die Abschussliste profilierungssüchtiger und konservativer Politiker, so dass er in jenem Jahr wegen Gottesleugnung (Asebie) und Erregung öffentlichen Ärgernisses zum Tode verurteilt wurde.

Obwohl der kränkelnde Platon leider ans Bett gefesselt war, hielt ihn dies nicht davon ab, die Geschehnisse des letzten Tages, die sich im Gefängnis abspielten, niederzuschreiben. Allerdings erst Jahre später. Das Ergebnis war eine Synthese der tatsächlichen Gespräche über Tod, Seele und Unsterblichkeit an jenem Unglückstag und Platons eigenen Vorstellungen: Der Dialog Phaidon.

385 gründete Platon die Akademie, die 914 Jahre bestand. Dort hielt er zahlreiche Lehrvorträge, u.a. über das Gute. Seine Schriften verfasste er grundsätzlich in Dialogform (Vorteil: Differenzierte Darstellung verschiedener Ansichten, Vermeidung von Dogmen, Streben nach der Wahrheit durch Fragen; Auflockerung von trockenen Theorien, Schaffung von Atmosphäre). Seine Dialoge lassen sich in vier Bereiche unterteilen:

Vorgehensweise Platons ist es, seine Dialogpartner von ihrem Scheinwissen abzubringen und unter gemeinsamen Bemühungen zu einer begründeten Übereinstimmung zu gelangen.

Das Zentrum der Philosophie dieses Denkers ist die Ideenlehre.

Platons Ideenlehre

Die sichtbare Welt entspricht der Abbildung der ideellen Welt. Die Ideen selbst, die Begriffe, Formen, Prinzipien, Vorstellungen oder Baupläne (oder all dies und noch etwas mehr) der Dinge, sind unsichtbar und nur durch Denken zu erfassen, ebenso sind sie das Entscheidende und Wahre. Die Elemente der sichtbaren Welt haben Anteil an der Ideenwelt, sind aber nur (schlechte) Kopien. (O-Ton der Redaktion: „Alles billiger Abklatsch!“).

Daraus folgt, dass das Ziel des Philosophen sei, weg von den sinnlichen Wahrnehmungen, die bestenfalls Annäherungen an die Wirklichkeit, schlimmstenfalls Illusionen sind, zum reinen Denken zu gelangen. Hat der Mensch sich von der sinnlichen Wahrnehmung, so gut es geht, losgelöst, nähert er sich der eigentlichen Erkenntnis der Wirklichkeit, der Ideenschau (theoría), an.

Den Antrieb zu diesem Streben der Seele nach Vollkommenheit nennt Platon den Eros (wörtlich „Liebe“)

Phaidon

Der Dialog Phaidon beschreibt, aus der zeitlichen Distanz von mehr als einem Jahrzehnt, Sokrates’ Gespräche mit seinen Schülern am letzten Tag seines Lebens. Thema der geselligen Runde ist die Frage nach der Seele, ihrer Beschaffenheit, ihrem Weiterleben nach dem Tod.

[Der Körper: ein Gefängnis] Nach Platon gibt es eine strenge Trennung zwischen Leib und Seele. Die Seele ist im Körper gefangen und wird erst mit dem Tode völlig frei. Im Griechischen: soma – sema (ein Wortspiel!): (der) Körper (ist ein) Grab (Leibfeindschaft). Daraus und aus der transzendental orientierten Ideenlehre folgt, dass man die völlige Erkenntnis auch erst mit dem Tod erreicht.

Nachdem Sokrates also dies festgestellt hat, folgert er, dass der Philosoph immer nach dem Tode streben müsse. Den Selbstmord lehnt er jedoch aus ethischen Gründen ab.

Kebes, einer der Schüler, wirft während des Dialoges ein, warum sich die Seele nicht verflüchtigen würde, wie schon damals materialistische Theorien behaupteten. Was gibt uns schließlich die Veranlassung, eine Unsterblichkeit der Seele anzunehmen?

Da Sokrates seine von Zweifeln und Trauer gequälten Schüler beruhigen will, nimmt er diese Diskussion zum Anlaß, seine Auffassung von der Unzerstörbarkeit der Seele mit vier „Beweisen“ und „Geschichten“ (logó kai mythos) zu untermauern. Seine These: Die Seele ist unsterblich aufgrund ihrer

Substantialität

Die Welt besteht aus Gegensatzpaaren, welche sich gegenseitig bedingen und jeweils einen Kreislauf bilden, z.B. Wachen und Schlafen. Verliert ein Teilstück des Kreislaufs seine Dominanz, geht es in das andere über. Beim Wechsel zwischen den Extremen bleibt jedoch immer der Gegensatz selbst als Substanz erhalten. Auch im Schlaf besteht die große Gewissheit, dass man wieder aufwacht, und jeder Wachende weiß, dass er auch einmal schlafen muss (Problem auf der DSA ’96 in Annweiler?) Dieses Beispiel wird auf Leben und Tod übertragen; auch sie bilden einen Kreislauf, der ihre Gegensätzlichkeit erhält. Die Substanz, die erhalten bleibt, ist die Seele.

Spiritualität

Hier geht Platon von der Ideenlehre aus (siehe oben). Die Wiedererinnerungslehre oder Anagnorisis-Theorie wird als erkenntnistheoretische Frage bereits im Dialog Menon diskutiert. Dort findet sich auch ein Haufen Beweise für diese Geschichte. Die – zugegeben etwas kühne – These Platons ist, dass wir die ungeheure Vielfalt der Welt und ihrer Erscheinungen, „den waaaaahnsinnig komplexen Informationswust“ (O-Ton: Cl. B. G.), den wir über die materiellen Dinge um uns herum aufnehmen, überhaupt nicht begreifen könnten. Normalerweise. Schließlich ist das, was diesem Chaos erst Sinn gibt und es begreifbar macht, die Ideen nämlich, unsichtbar und dem Menschen nicht direkt zugänglich. Also folgert man eine Präexistenz, ein Vorher-Dasein der Seele. Vor unserer Geburt haben sich unsere Seelen bereits im Zustand der reinen Schau (theoría) befunden. Eine Präexistenz ohne Postexistenz erscheint unlogisch und elíthios.

Einfachheit

Mit dem Begriff Einfachheit meint Platon, dass die Seele nicht geteilt werden kann, denn durch strenges Beobachten ist er zu dem Schluss gekommen: die Seele ist ein Ganzes. Aus der Erfahrung ergibt sich, dass einfache Dinge, die nicht mehr geteilt werden können, unzerstörbar sind. Die Seele ist also eine einfache und unzerstörbare Substanz. Diese Einfachheit steht natürlich auch in Verbindung mit den Ideen.

Beharrlichkeit

Der Beweis der Beharrlichkeit hängt eng mit dem der Einfachheit zusammen. Nachdem man jenen nämlich gelesen hat, könnte die Frage aufkommen, ob die Seele nicht durch den Verlauf der Zeit zerstörbar sein könnte. Für Platon verändert sich die Seele aber überhaupt nicht – auch über einen langen Zeitraum nicht. Sie ist beharrlich.

Am Ende des Dialogs fasst Platon alle vier Aspekte nochmals in einem Mythos zusammen. Er folgert: Die Seele ist unsterblich und sie beherrscht den Leib, ist etwas besseres als dieser.


Entelechie oder was? Aristoteles

Einordnung

Aristoteles wurde 348 vor Christus in Thrakien als Sohn des makedonischen Hofarztes Nikomachos geboren. In Athen, wo er die meiste Zeit seines Lebens verbrachte, war er deshalb ein Ausländer ohne Bürgerrechte. Er beschäftigte sich intensiv mit politischen Strukturen. Weitere Studien galten vor allem der Ethik, der Logik (welche er selbst begründete), der Naturphilosophie (u.a. Biologie und Physik) und der Metaphysik. Darin setzte er sich mit der Denkweise Platons, seines Lehrers, und der Naturphilosophen auseinander.

Im Gegensatz zu Platon, der aufgrund seiner rein theoretischen Überlegungen zu Schlüssen kam, die er für absolut hielt, wurden Aristoteles’ Theorien zusätzlich durch Naturbeobachtungen gestützt.

Das Leib-Seele-Problem bei Aristoteles

[Entelechie] Wir merkten schon beim einleitenden Referat von Nadine, dass Aristoteles sich von Platon auch inhaltlich stark unterscheidet – der strenge platonische Dualismus zwischen Leib und Seele und die klaren Ideenentitäten sind bei Aristoteles aufgelöst; nach seiner Vorstellung bedingen Körper und Seele einander. Körper ist nur der Stoff, der durch die Formgebung der Seele vollendet wird (Entelechie-Prinzip).

Aristoteles teilt die Seele in Schichten oder Seelenvermögen ein. Je höher das beseelte Lebewesen in der Evolutionsordnung steht, desto vielschichtiger ist seine Seele. So geht er beispielsweise bei den niedersten Lebewesen lediglich von einem ernährenden Seelenvermögen aus – Tiere haben auch eine wahrnehmende Seelenschicht, und beim Menschen schließlich kommt die Vernunft hinzu.

Aristoteles beschreibt unter anderem folgende Aspekte der Seele:

Aristoteles und wir

Nachdem Claudius uns den historischen Hintergrund vermittelt hatte, referierte Nadine einen Text von Karen Gloy über Aristoteles’ Konzeption der Seele in De Anima und verschaffte uns damit einen guten Überblick über seine Auffassung des Leib-Seele-Problems. Richtig knifflig wurde es dann, als wir in Partnerarbeit Auszüge aus De Anima lasen und deren Bedeutung zu klären versuchten: Gar nicht so einfach, da erstens die Sprache mehrdeutig war und wir seine Schlüsse nur schwer nachvollziehen konnten, zweitens da Aristoteles’ Sicht mit der heute immer noch weitverbreiteten cartesianischen wenig gemeinsam hat.

Literatur:

Aristoteles (1995): Philosophische Schriften. Sechster Band. Hamburg: Felix Meiner.


Descartes

[Ich denke, also bin ich!]

Einleitung

Descartes setzt sich durch einige wichtige Punkte von den antiken Philosophen ab. Seine Theorie und sprachliche Ausdrucksweise sind sehr modern. Deshalb gilt er auch als der Philosoph, mit dem die neuzeitliche Subjektphilosophie begann. Durch die philosophische Methode des Zweifels und strenge Introspektion kommt er zu dem Ergebnis, dass letztlich nur sein Denken und sein Erkenntnisvermögen gesichert sind. Er formuliert dies in dem Satz: „Cogito, ergo sum“ (Ich denke, also bin ich). Alles andere, was sich daraus nicht zwangsläufig ergibt, zweifelt er als echter Rationalist konsequent an. [Res cogitans und res extensa] Er selbst, als eine res cogitans, ein denkendes Wesen, ist also gesichert, doch ob seine Wahrnehmung der Umwelt (res extensa) aus ihm selbst resultiert oder von außen kommt, ist damit noch nicht geklärt. Auf jeden Fall muss die Ursache mindestens soviel an Seinsgehalt wie ihre Wirkung enthalten. So kommt er zu dem Schluss, dass seine Vorstellung von der Vollkommenheit nicht auf ihn zurückgeführt werden kann, sondern von Gott stammen muss. Damit beweist er die Existenz Gottes, und da er davon ausgeht, dass Gott kein Betrüger ist, weil dies ein Zeichen von Schwäche wäre, hat er seine Wahrnehmung als realitätsgetreu nachgewiesen.

Der cartesische Dualismus

Zu welchen weiteren Schlüssen ihn seine Zweifel führten, erarbeiteten wir uns in Kleingruppen anhand der Descarteschen Meditationen (Descartes 1641).

Zunächst verwirft er in II,5 die Hypothese, der Mensch sei ein vernünftiges Tier, weil es ihm die Sache unnötig verkompliziere. Statt dessen definiert er seinen Körper als ausschließlich raumfüllenden materiellen Gliederkasten. Prozesse, die materiell ablaufen, z.B. sich ernähren, gehen, fühlen, werden dabei vom denkenden Geist gesteuert.

Descartes führt nun weiter aus, dass sein Wesen im immateriellen Ich bestehe, das unteilbar sei, was er damit belegt, dass der Verlust von Gliedmaßen zu keinerlei Beeinträchtigung seines Wesens führt. Der Körper diene folglich nur als Transportform des Wesens, das auch ohne ihn existieren könne.

Denken definiert somit den Menschen und kann auch parallel und unabhängig zu körperlichen Aktivitäten ablaufen. Einzig einigen Teilbereichen des Gehirns gesteht er Fähigkeiten zur Wechselwirkung mit dem Geist zu. Den Ort der Wechselwirkung lokalisiert er in der Zirbeldrüse, die damals für den Gemeinsinn verantwortlich sein sollte.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Descartes den Dualismus vertritt, wobei ein Teil des dualistischen Systems, der Körper, materiell ist und der Geist immateriell.

Literatur:

Descartes (1641): Mediationes de prima philosophia.


Ein duales System: Popper und Eccles

Einleitung

Fundamental betrachtet existiert eine dichotome Aspektfächerung des Problemkomplexes.

Grundsätzlich kann man die Sache auf zwei verschiedene Arten angucken.

Eine differenziert-nuancierte Exposition des Problem-/Lösungs-Interaktionsprozesses scheint durch einen multiplizierten usus von Xenonymen automatisch ameliorisiert zu werden.

Durch viele Fremdwörter kann man das Zeug ziemlich genau ausdrücken.

Durch eine textimmanente Emphase der parole erhöht sich jedoch exponentiell die Intelligibilität.

Allerdings versteht es jeder besser, wenn man so schreibt, wie man spricht.

Ausgangspunkte

Ein basales Charakteristikum des ipsikonszienten Geistes ist die attentive Konzentrationsfokussierung.

Wie jeder weiß, kann unser selbstbewusster Geist seine Aufmerksamkeit verschiedenen Dingen zuwenden.

Mentale Prozesse funktionieren nach dem Prinzip einer interaktiven Teilkorrespondenz mit zerebralen Dispositionen.

Geist und Gehirn beeinflussen sich gegenseitig, sind aber nicht das Gleiche.

Es existiert eine potentielle temporäre Diskrepanz zwischen neuralen events und Experienzen des ipsikonszienten Geistes (Exemplum Antedatierung).

Es kann passieren, dass zwischen der Erfahrung unseres selbstbewussten Geistes und den Vorgängen im Gehirn zeitliche Unterschiede auftreten. Ein Beispiel dafür: Oberflächliche Reizungen des Gehirns lösen eine Schmerzempfindung aus, die aber als zeitlich um einige Sekundenbruchteile früher empfunden wird.

Wir perzipieren kontinuierlich die Potenz des ipsikonszienten Geistes, effektiv zerebrale Dispositionen zu evozieren. Exempla: deliberate Aktionen, voluntäre Reminiszenz.

Es gibt die ständige Erfahrung, dass selbstbewusster Geist aktiv auf Hirnereignisse einwirken kann. Beispiele: Willküraktionen, Versuche, eine Erinnerung zurückzurufen.

Die Hypothese

Der ipsikonsziente Geist ist aktiv damit konzerniert, aus der Multitude aktiver Zentren auf der höchsten Ebene der Hirnaktivität zu elegieren, nämlich den Liaisionzentren der dominanten Kortexhemisphäre. Er selektiert aus diesen Zentren gemäß seiner temporären Attentivität und integriert sukzessive seine Wahl.

Der selbstbewusste Geist liest selbst aus dem Gehirn wie aus einer Zeitung die Dinge heraus, die ihn besonders interessieren. Er trifft ständig eine Auswahl gemäß seiner Aufmerksamkeit und verbindet so selbst die flüchtigsten Erfahrungen zu einer Einheit.

Subsequent affiziert ipsikonszienter Geist die neuralen Zentren durch Modifikation der dynamischen spatio-temporalen patterns der neuralen Ereignisse.

Darüber hinaus wirkt selbstbewußter Geist auf die Nervenzelleneinheiten im Gehirn indem er ihre räumlich-zeitlichen Muster verändert. Er spielt gleichsam auf dem Gehirn wie auf dem Klavier.

Ergo wird postuliert, dass ipsikonszienter Geist eine superiore, interpretative und kontrollierende functio die neuralen Ereignisse konzernierend hat.

Also übt der selbstbewusste Geist durch Herauslesen und Beeinflussen eine überlegene Rolle auf die Hirnvorgänge aus.

Cerebrum und mens bilden ein duales System, das auf Interaktion beruht. Die mens fungiert dabei als Kybernet.

Gehirn und Geist sind zwei verschiedene Dinge, die eng zusammenarbeiten, wobei der Geist der Steuermann menschlichen Handelns ist.

[Hüh!]

Literatur:

Popper, Sir Karl und Eccles, Sir John (1991): Das Ich und sein Gehirn. München: Piper.



Psychophysischer Parallelismus (is’ klar, oder?): Baruch Spinoza

Als zweiter von uns besprochener Philosoph der Aufklärung vertritt Spinoza im Gegensatz zu Descartes einen völlig anderen Standpunkt. In seinen Texten zeigt er auch deutlich seine Kritik an Descartes’ Lehre. Spinoza ist der Auffassung, dass es nur eine einzige unendliche Substanz (causa sui) gibt, nämlich Gott oder die Natur (deus sive natura). Er identifiziert diese Substanz, die Natur und Gott, weshalb er auch als materialistisch-pantheistischer Philosoph bezeichnet wird. Die ausgedehnte Materie und der denkender Geist aus der Cartesischen Zweisubstanzenlehre sind im Spinozismus lediglich Attribute oder Ausdrucksweisen der einen göttlichen Substanz.

Durch seine Theorie kann Spinoza auch die Frage der Wechselwirkung von Leib und Seele klären, die Descartes noch Schwierigkeiten bereitet hatte: Die eine göttliche Substanz drückt sich sowohl im Modus des Denkens als auch der Ausdehnung aus, und zwar ist dies synchron möglich. Jedem Modus des Denkens (Seele) entspricht also ein paralleler Modus der Ausdehnung (Körper).

Sage mir nun deine Sicht: Spinzt du, oder spinzt du nicht?

Literatur:

Specht, Rainer (Hrsg): Geschichte der Philosophie in Text und Darstellung – Rationalismus. Stuttgart.


Von Menschen und Marsmenschen: David Lewis

Die Identitätstheorie

Eine sehr spezielle Position zum Gehirn-Geist-Problem lernten wir mit David Lewis und seinem Buch „Die Identität von Körper und Geist“ (Lewis 1989) kennen, zuerst in einem Textauszug, den wir im Kurs lasen und heftig diskutierten, dann in einem Referat von Andreas.

In seiner Argumentation für die Identitätstheorie geht Lewis von der materialistischen Arbeitshypothese aus: Erlebnisse können nicht nicht-physische Prozesse sein, da sie sonst keine Auswirkungen auf physische Phänomene (z.B. Motorik) haben könnten. Unter dieser Annahme muss man laut Lewis die Identität von Erlebnissen (z.B. Schmerzen als solche) und physischen (neurochemischen) Zuständen akzeptieren.

Wie definiert man nun Erlebnisse?

Schmerzliches Referat

Im Referat erkannten wir dann, dass Lewis seine Identitätstheorie mit einer Art Funktionalismus zu erweitern versuchte. Er ist der Meinung, dass eine Theorie des Geistes nur glaubhaft ist, wenn sie auch zwei Grenzfälle erklären kann. Er geht dabei vom Beispiel „Schmerz“ aus.

Angenommen wir haben einen stinknormalen Marsmenschen, dessen Nervensystem hydraulisch funktioniert. Trotz der unterschiedlichen physischen Realisierung hat der Marsmensch auch ein Gefühl, das dieselben Ursachen und Wirkungen hat wie bei uns der Schmerz.

[Ein stinknormaler Marsmensch]

Zweiter Fall: Ein ganz normaler Verrückter (Bestes Beispiel: Claudius B. Griesinger, Tübingen), der dasselbe Quale „Schmerz“ in einem anderen kausalen Zusammenhang empfindet: Fotografieren löst bei ihm denselben neurochemischen Zustand aus, der beim normalen Akademieteilnehmer mit Schmerz identisch ist, und hat als Wirkung einen Heißhunger auf Saumagen.

[Ein ganz normaler Verrückter]

Eine einfache Identitätstheorie kann den Marsmenschenschmerz (andere physische Realisierung, gleiche kausale Rolle) nicht erklären, ein simpler Funktionalismus schlägt beim Verrücktenschmerz (gleiche physische Realisierung, andere kausale Rolle) fehl.

Lewis’ Theorie besagt, dass Geisteszustände von Menschen funktional (d.h. durch kausale Rollen) bestimmbare physische Zustände von Menschen sind. Lewis versucht also krampfhaft, Identitätstheorie und Funktionalismus in seinen Materialismus zu integrieren. Leider kann er mit seiner Theorie – nach unserer Auffassung – den verrückten Schmerz, der für ihn eine Ausnahme ist, immer noch nicht erklären. Dumm gelaufen!

Obwohl wir Lewis Argumente zum Teil nicht nachvollziehen konnten, wurden wir uns durch sein Beispiel vom Verrückten und vom Marsmenschen über den Unterschied zwischen kausaler Rolle und physischer Realisation klar. Und außerdem gab’s viel zu lachen (Zitat Lewis 1995: 11: „Es ist unfair, der Identitätstheorie vorzuwerfen, dass sie den Schutz einer so verdächtig subtilen Unterscheidung braucht.“ Danach läßt Lewis sich dann über seine blauen Socken und seine Katze Bruce aus!?!).

Wir bedanken und für die freundliche Unterstützung bei:

Literatur:

Lewis, David (1989): Die Identität von Körper und Geist. Frankfurt am Main: Klostermann.


Mikro- und Makrostruktur: John Searle

Die Alltagsvorstellung des Menschen von sich selbst beinhaltet, bewusst, frei und rational agieren zu können. Aus wissenschaftlicher Sicht besteht die Welt aus Materie-Teilchen ohne Geist. Searle versucht, diese unterschiedlichen Auffassungen, die das Gehirn-Geist-Problem widerspiegeln, in Einklang zu bringen. Um dies zu erreichen, stellt er zwei grundlegende Thesen auf (Zitate aus Searle 1992):

  1. Jedes geistige Phänomen ist von Vorgängen im Gehirn verursacht.
  2. Schmerzen und andere geistige Phänomene sind nichts anderes als Eigenschaften des Hirns (und vielleicht des übrigen zentralen Nervensystems).

Searle stellt sich die Frage, wie das Gehirn den Geist verursachen kann und gleichzeitig der Geist eine Reihe von Eigenschaften des Gehirns ist. Folgte daraus nicht, dass der Geist sich selbst verursacht hat – die gefürchtete Lehre der causa sui?

Searle bemerkt, dass diese Frage aus den bisherigen Vorstellungen von Kausalbeziehungen resultiert. Um die Frage zu vermeiden muss man einen differenzierteren Begriff der Verursachung einführen. An dieser Stelle erwähnt er die Unterscheidung zwischen Mikro- und Makroeigenschaften von Systemen. [Mikro- und Makrostruktur] Jedes Objekt hat gewisse Makroeigenschaften (z.B. die Festigkeit eines Tisches), die durch das Verhalten der Bestandteile auf der Mikroebene erklärt werden können. „Die Oberflächeneigenschaft wird sowohl vom Verhalten der Mikrobestandteile verursacht, als auch gleichzeitig in dem System realisiert, das aus den Mikrobestandteilen besteht.“ Übertragen auf das Gehirn-Geist-Problem stellen die geistigen Phänomene Eigenschaften höherer Ebene des Gehirns dar. So wird der scheinbare Widerspruch zwischen dem „naiven Physikalismus“ (die Auffassung nach der in der Welt ausschließlich Materie-Teilchen mit ihren Eigenschaften und Beziehungen existieren) und dem „naiven Mentalismus“ (die Auffassung, dass gewisse geistige Phänomene wirklich existieren) aufgehoben.

Wir kamen in dem Kurs zu dem gemeinsamen Schluss, dass Searle ein materialistischer Monist ist.

Literatur:

Searle, John R. (1992): Geist, Hirn und Wissenschaft. 3. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp.


Geist als Emergenz des Zentralnervensystems: Mario Bunge

Um seinen Standpunkt zu verdeutlichen, diskutiert Mario Bunge Differenzen und Gemeinsamkeiten des reduktiven Materialismus und des emergentistischen Materialismus. Die Sichtweise des reduktiven Materialismus beinhaltet die Vorstellung, dass das Zentralnervensystem (ZNS) nur eine physikalische Entität ist, während beim emergentistischen Materialismus die Naturwissenschaften nicht ausreichen, um die geistigen Elemente des ZNS zu erklären. Bunge verwirft den reduktiven Materialismus, weil sich der reduktive Materialismus „nicht mit der qualitativen Vielfalt der Realität in Einklang bringen lässt“ und die damit verbundene Epistemologie, „weil sie viel zu einfältig und wirklichkeitsfremd ist“ (Bunge 1984: 13).

Der emergentistische Materialismus sieht das ZNS als biologisches System, bei dem bei einem bestimmten Komplexitätsgrad höhere Systemeigenschaften emergieren. Es handelt sich um Eigenschaften des Gehirns.

[Emergenz!]

Die Vorstellung höherer Systemeigenschaften entspricht der Searles von Oberflächeneigenschaften. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass nach Searle die Oberflächeneigenschaften sich einzig und allein durch die Mikroeigenschaften der Materie-Teilchen erklären lassen, wohingegen bei Bunge sich die Oberflächeneigenschaften nicht unbedingt durch die Mikroeigenschaften ableiten lassen. Bunge sagt, dass die Systemeigenschaften Resultat des plötzlichen Auftretens neuer Eigenschaften auf einem höherem Integrationsniveau sind. Diese Weiterentwicklung biologischer Systeme nach evolutionärem Prinzip bezeichnet er als Emergenz. Diese Idee warf in der darauffolgenden Diskussion vor allem eine Frage auf: Ist in der letztgenannten Theorie noch Platz für einen freien Willen?

Wir kamen zu keinem Konsens.

Literatur:

Bunge, Mario (1984): Das Leib-Seele-Problem. Ein psychobiologischer Versuch. Tübingen.


Kognitionswissenschaft und Kognitionstechnik: Francisco J. Varela

Einleitung

Als Vorlage für dieses Referat dienten die ersten beiden Kapitel des Buches „Kognitionswissenschaften und Kognitionstechnik (KWT)“ (Varela 1982) des chilenischen Biologen Francisco J. Varela, in dem er sehr polemisch die Entwicklung der KWT nachzeichnet.

Kognitionswissenschaft und -technik sind ca. 50 Jahre alt und keine reine etablierte Naturwissenschaft. Faszination und Dynamik der KWT entstehen durch die Verbindung sich bis dahin wenig tangierender Wissenschaftsgebiete.

Forschungsgebiete sind vor allem:

Die Entwicklung, die Varela in den ersten beiden Kapiteln nachvollzieht, teilt sich in zwei Abschnitte, die Gründerjahre und den eigentlichen Kognitivismus.

Die Gründerjahre (1940-1956)

Als erste Hauptrichtung kristallisierte sich die Epistemologie heraus. Schon früh fand die Formulierung der auch heute dominierenden Themen statt, und es wurden interdisziplinäre Forschungsarbeiten auf dem Hintergrund vielfältiger Motivationen durchgeführt. Dies führte zu der Suche nach einer Benennung dieser Forschungsrichtung, die der Naturalisierung der Epistemologie gerecht würde. Ergebnis dieser Suche war die Kybernetik, eine Naturwissenschaft des Denkens und Erkennens, die vom Systembegriff ausgeht. Diese beiden Bereiche, die bis dahin der Philosophie und Psychologie zugeordnet wurden, sollten in mathematischen Formeln und Mechanismen ausgedrückt werden, die den Gesetzen der Logik unterliegen. Folgen dieser Bewegung waren, dass die mathematische Logik zur Erklärung des Operierens des Nervensystems, des Gehirns und des menschlichen Denkens eingesetzt wurde, sowie die Etablierung der Systemtheorie als allgemein gültig.

Kognitivismus (ab 1956)

[Harte KI] Es wurde eine neue Hypothese formuliert, die besagt, dass sich menschliche Intelligenz und ein Computer so stark ähneln, dass Kognition als Rechnen mit symbolischen Repräsentationen definiert werden kann.

Das kognitivistische Paradigma: Ein Rechenprozeß ist eine Operation, die über repräsentierende Symbole ausgeführt wird. Intelligenz und das daraus resultierende Verhalten sind die Fähigkeit, die Welt angemessen zu repräsentieren und damit als existierend nachzuweisen. Die neuronale Repräsentation und das „Bewusstsein von etwas“ können folglich gleichgesetzt werden. Erfolgreiches Handeln ist somit von der Genauigkeit und der Präzision der Repräsentation abhängig, die im Gehirn oder Computer physikalisch kodiert ist. Auch intentionales Handeln ist eine Repräsentation des emotionalen Zustandes in Bezug zur Außenwelt. Da Symbole eine Repräsentation sind, besitzen sie semantische Werte, ohne die jeder Rechenprozess seinen Sinn verlieren würde.

Jede logische Operation ist semantisch, wobei die semantischen Werte der Symbole während eines Rechenprozesses nicht berücksichtigt werden. Trotzdem wird dieser Prozeß durch die Kodierung in der Syntax semantisch ausgeführt. Dieser Parallelismus zwischen Semantik und einer logischen Operation ließ die Forscher zu der Formulierung der oben genannten Hypothese kommen.

Wenn man diese Hypothese umkehrt, kommt man zu folgendem Schluß: Jede Apparatur, die physikalische Elemente – also Symbole – darstellen oder manipulieren kann, arbeitet kognitiv.

Ungelöste Probleme, die in der Diskussion zur Sprache kamen:

Literatur:

Varela, Francisco (1982): Kognitionswissenschaften und Kognitionstechnik. Frankfurt am Main.


Stimmungen prägen den Menschen: Ciompis Affektlogik

Im Gegensatz zum strengen Kognitivismus besagt die sehr junge Hypothese der Affektlogik, dass die Psyche zweigeteilt ist. Sie wird unterteilt in qualifizierendes Fühlsystem und quantifizierend-abstrahierendes Denksystem.

[Zur Verdeutlichung der Affektlogik] Das Fühlsystem erzeugt Gefühle, die als affektive Grundzustände oder Affekte bezeichnet werden. Diese Grundzustände wirken sich auf die Wahrnehmung und die Informationsverarbeitung aus, für die das quantifizierend-abstrahierende Denksystem zuständig ist und die ohne diese Grundzustände unmöglich sind. Denn die Funktion der Affekte ist, Informationen in sinnvolle Zusammenhänge zu bringen und so verschiedene Gehirnbereiche zur Verarbeitung und Speicherung der Informationen zu aktivieren bzw. zu blockieren.

Hunger, Interesse, Wut, Trauer, Angst oder Aggression sind Beispiele für affektive Grundzustände. Aus Kombinationen dieser resultiert die individuelle psychische Struktur eines jeden Menschen.

Die Entwicklung der beiden Bestandteile der Psyche beginnt bereits im Säuglingsalter. Die Grundzustände formen sich durch gute oder schlechte Empfindungen, das Denksystem entsteht auf der Basis der Reflexe.

Nach dem 8. Lebensmonat kann das Kind seine Wahrnehmungen bestimmten Affekten zuordnen. Ab diesem Zeitpunkt ist die Erinnerung affektbedingt. Alle Ereignisse sind durch einen Grundzustand gefärbt und werden in dieser Form subjektiv gespeichert. Gutes wird intensiver gespeichert, Schlechtes wird zu verdrängen versucht. Ein Affektzustand kann Erinnerungen, die mit dem gleichen Affekt abgespeichert wurden, wachrufen, die Affekte sortieren also gewissermaßen unsere Erinnerungen.

Die Aktivierung bestimmter Affekte ist auslöserabhängig, d.h. zu einem bestimmen Grad zufällig. Auslöser können äußere Ereignisse oder Vorgänge innerhalb des Menschen sein.

Neurobiologisch behauptet die Affektlogik, dass die Mandelkerne und der Hippocampus für die Färbung der Wahrnehmungen mit Affekten zuständig sind. Die affektbehafteten Wahrnehmungen werden zur Stirnhirnrinde weitergeleitet, die die höchsten integrativ-kognitiven Fähigkeiten besitzt. So werden einzelne Wahrnehmungen zu komplexen Systemen verbunden. Zusätzlich regen die Mandelkerne über eine Verbindung den Hypothalamus an, der seinerseits durch Hormonausschüttung das gesamte vegetative Nervensystem beeinflusst und so auf die Stimmung des Menschen einwirkt. Und schließlich wirken die Mandelkerne auf das Gedächtnis ein um die Erinnerungen mit den Affekten zu verbinden.

Die Affekte werden, wie alle anderen Gehirntätigkeiten auch, durch spezielle Neurotransmitter ermöglicht. Sie verbinden die Gehirnbereiche zu Funktionssystemen. Somit folgern die Befürworter der Affektlogik, dass jegliche Gehirnfunktionen nur dann möglich sind, wenn ein passender Affekt die entsprechenden Gehirnteile freigibt.

Interessanterweise stimmt diese Schlußfolgerung mit unserer alltäglichen Erfahrung überein: Wenn ein Mensch z.B. keine Lust hat, zu arbeiten (sich also in einem falschen Affektzustand befindet), wird er die Arbeit nicht oder nur sehr schlecht ausführen können.

Literatur:

Ciompi, Luc (1993): „Die Hypothese der Affektlogik“, in: Spektrum der Wissenschaft, Februar 1993, S. 76-87.

Ciompi, Luc (1994): „Affektlogik – die Untrennbarkeit von Fühlen und Denken“, in: J. Fedrowitz, D. Matejovski, G. Kaiser (Hg.): Neuroworlds. Gehirn – Geist – Kultur. Frankfurt am Main, New York: Campus.


Künstliche Intelligenz

Einleitung

Ist eine denkende Maschine möglich? Mit dieser Frage und ihrer Verwirklichung beschäftigt sich ein Zweig der Informatik, die Künstliche Intelligenz (KI), der Programme zur Erfüllung von Aufgaben entwickelt, die – würden sie von einem Menschen erfüllt werden – Intelligenz erfordern.

Forschungsgebiete der KI

Die KI wird in verschiedene Spezialgebiete unterteilt (Siekmann 1994):

Ein Anwendungsbeispiel: Texterkennung

Ein Anwendungsbeispiel des Bildverstehens ist die Texterkennung. Ein mögliches Verfahren ist, die Zeichen auf ein Gitter zu projizieren (siehe folgendes Schema) und sie mit einer gespeicherten Standardschrift zu vergleichen. Bei genügender Übereinstimmung wird das Zeichen erkannt.

[Texterkennung]

Nachteil dieses Verfahrens ist, dass das Programm im Gegensatz zum Menschen ungewöhnliche Schriften oder Handschriften nicht verarbeiten kann. Dies ist darauf zurückzuführen, dass dieses Programm nicht lernen kann. Unter Lernen verstehen wir die Bildung neuer Vorgehensweisen (Konzepte). Der heutige Ansatz zur Lösung des Problems ist die Programmierung künstlicher neuronaler Netze (Software). In Zukunft soll die Datenverarbeitung auf Computern ganz anderer Struktur laufen, als den heutigen, und zwar auf Parallelrechnern, die enorme Geschwindigkeitsvorteile gegenüber den alten Computern bieten.

„Harte“ und „weiche“ KI

Allerdings sind heutige Computer bereits Universalgeräte, das heißt sie können jeden Algorithmus ausführen, wobei unter einem Algorithmus ein eindeutig definierter Ablauf verstanden wird.

[KI] Paul Churchland meint, dass auch das Gehirn als ein eindeutig definierter Ablauf beschrieben werden könne und deswegen von Computern simulierbar sei. Im Gegensatz dazu meint Christoph von der Malsburg, dass sich die Vorgänge im Gehirn algorithmisch nicht beschreiben ließen, denn das Gehirn sei ein selbstorganisierendes System. Es sei ein System, das sich selbst modifiziert und Symbolen Substanz verleiht (Semantik). Die Selbstorganisation des Gehirns habe sich im Laufe der Evolution durch Reproduktion, Mutation und Selektion entwickelt. Die Forscher sind sich also sehr uneinig, was die Möglichkeiten der zukünftigen Computer betrifft.

Wenden wir uns nun dem Selbstbewusstsein zu. Niedrige Bewusstseinsstufen könnten darin bestehen, dass einige der heutigen Roboter zu jedem Zeitpunkt die Position ihrer Greifarme „kennen“, sich also deren „bewusst“ sind. Allerdings ist es unter den Forschern umstritten, ob man überhaupt von einem System entscheiden kann, ob es ein Bewusstsein bzw. ein Selbstbewusstsein hat.

Abschließend kann man unserer Meinung nach sagen, dass denkende Maschinen möglich sind, jedoch bleibt die Frage offen, ob sie ein Bewusstsein besitzen werden.

Literatur:

Siekmann, Jörg H. (1994): „Künstliche Intelligenz“, in: Sybille Krämer (Hrsg.): Geist-Gehirn-Künstliche Intelligenz. Berlin.

Churchland, Paul (1988): Matter and Consciousness. A Contemperary Introduction to the Philosophy of Mind. Cambridge (Massachusetts).

Malsburg, Christoph von der (1994): „Gehirn und Computer“, in: Jutta Fedrowitz, Dirk Matejovski, Gert Kaiser (Hrsg.): Neuroworlds, Gehirn – Geist – Kultur. Frankfurt am Main, New York.


Searle versus Churchland: Eine KI-Diskussion

Einleitung

Im Anschluss an die drei Referate über KI führten wir eine Diskussion, in der zwei sehr unterschiedliche Positionen vertreten werden sollten. Die Grundlagen waren zwei Texte aus einer Gegenüberstellung in der Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft. Die eine Position wurde vom Ehepaar Churchland vertreten, die andere vom Philosophen John Searle. Die Churchlands sind Verfechter der „harten KI“, während Searle diesen Standpunkt stark kritisiert.

Der Turing-Test

Der Turing-Test wurde vom „geistigen Vater der Künstlichen Intelligenz“ Alan Turing (1912-1953) erfunden. Dieses „Imitationsspiel“ funktioniert folgendermaßen:

In einem Raum sitzt ein Fragesteller, der über Bildschirm und Tastatur mit zwei weiteren Räumen kommuniziert. In dem einen sitzt ein Mensch, im anderen ein Computer, der menschliches Bewusstsein simulieren soll. Der Fragesteller muß herausfinden, wer wer ist. Das Ziel der klassischen KI war es, Computer so zu programmieren, dass sie im Turing-Test für einen denkenden Menschen gehalten werden.

Searles Position

1. Denken besteht nicht allein aus dem syntaktischen Hantieren von Symbolen, sondern auch und vor allem aus den semantischen Inhalten, die mit diesen Symbolen verknüpft sind. Da Computeralgorithmen auf einer rein syntaktischen Ebene arbeiten, d.h. nur Symbole miteinander verknüpfen, können sie ergo nicht denken (siehe auch Chinesisches Zimmer).

2. Computerprogramme können die Ergebnisse von Denkvorgängen sicherlich simulieren, sie sind aber keineswegs gleichzusetzen mit einer Duplikation dieser Vorgänge. Auf den Turing-Test bezogen heißt das, dass ein Computer sicherlich einmal so programmiert werden kann, dass er menschliche Verhaltensweisen nachahmt, dass er aber für jede dieser Verhaltensweisen tatsächlich explizit programmiert werden muss.

3. Prinzipiell sieht Searle jedoch die Möglichkeit gegeben, eines Tages Maschinen zu konstruieren, die denken können. Er wendet sich aber gegen die These, dass dieses durch hardwareunabhängige, rein syntaktisch arbeitende Algorithmen geschehen könne, da diese nur strukturierte Symbole manipulieren würden, während im menschlichen Gehirn eine semantische Ebene dazukommt, die möglicherweise durch die Selbstorganisation von neuronalen Aktivitätsmustern und deren Bezogenheit auf Sinneswahrnehmungen und Motorik (und damit die Außenwelt) gegeben ist.

Churchlands Position

Die Churchlands stimmen Searle zu, dass sein Einwand mit dem chinesischen Zimmer zeigt, dass der Turing-Test kein Beweis dafür ist, ob eine Maschine bewusst denkt oder nicht. Sie stimmen mit ihm auch darin überein, dass heutige serielle Computer nicht bewußt denken können (egal wie sie programmiert sind). Was sie beabsichtigen ist aber, das menschliche Gehirn als Vorbild für die Konstuktion einer denkenden Maschine zu benutzen, wofür sie jedoch Erkenntnisse der komplexen Funktionsweise des Gehirns mittels Hirnforschung/Neurobiologie voraussetzen. Beispielsweise müßte die Parallelität von neuronalen Netzwerken nachempfunden werden.

Diskussionsverlauf

Die Diskussion begann damit, dass die Churchland-Gruppe ihre These formulierte. Dabei wurde schnell deutlich, dass es immer wieder nötig wurde, Begriffe wie Bewusstsein oder das Verständnis von Denken zu klären.

Im Mittelpunkt der Diskussion stand anfangs die Frage, wie eine bewusst denkende Maschine technisch zu konstruieren sei, und wie sie beispielsweise Lernprozesse realisieren könne. Dieser Aspekt führte uns aufgrund mangelnder Fachkompetenz immer weiter von der eigentlichen Fragestellung weg, ob eine Maschine, die in ihrer Struktur mit dem menschlichen Gehirn vergleichbar ist, Bewusstsein habe und denken könne. Dieses Grundthema hätten wir durchaus nur mit philosophischen und nicht mit naturwissenschaftlichen Argumenten diskutieren können, sogar ohne dabei auf unsere Textgrundlagen zurückzugreifen.

Es kam die Frage auf, ob Vertreter der harten KI automatisch Materialisten sein müssten. Die Churchland-Gruppe meinte, auch Dualisten könnten bewusste Maschinen erklären. Desweiteren machten sie deutlich, dass die bewussten Maschinen Duplikationen des Gehirns darstellen sollten, und dass sie nicht bloß so programmiert würden, Bewusstsein zu simulieren. Am Ende blieb die Frage offen, wie in der Maschine Semantik entstehen solle. Eine Antwort, die natürlich nur Churchland-Anhänger akzeptieren konnten, lautete, dass diese Semantik in der reduplizierten Maschine genauso entstehe wie im Gehirn, denn Vertreter der harten KI glauben, dass beide gleich funktionieren müssen.

Schließlich brachen wir die Diskussion ab, da viele das Gefühl hatten, dass die sie in eine Sackgasse führte und zu emotional geworden war.

Diskussionsauswertung

Probleme der Diskussion und Gründe für ihren Abbruch:

1. Durch unterschiedliches Verständnis von „harter KI“ redeten Searle und Churchland aneinander vorbei – allein an den Titeln der Texte konnte man erkennen, dass die beiden Themen nicht unbedingt übereinstimmten (Searle: „Ist der menschliche Geist ein Computerprogramm?“ vs. Churchland: „Ist eine denkende Maschine möglich?“). Nach Searles Auffassung glaubt ein Vertreter der harten KI, dass ein Programm Bewusstsein habe, wenn es den menschlichen Verstand so gut simuliert, dass es den Turing-Test (s.o.) besteht. Die Churchlands würden dies als die Position der klassischen KI bezeichnen. Ihre Position als Vertreter einer harten KI lautet, dass Maschinen, die die Struktur des menschlichen Gehirns duplizieren, Bewusstsein haben. Dieser Auffassung könnte Searle aber auch zustimmen, daher haben beide eigentlich sehr ähnliche Standpunkte. Searle kritisierte jedoch stark die Vertreter einer – nach seiner Definition – harten KI. Dadurch wurden beide Texte sehr destruktiv, da jeder nur Gegenargumente auf die Gegenargumente des anderen bringt. Oder sie warfen sich gegenseitig vor, die Argumentation des anderen nicht verstanden zu haben.

2. Wir verfingen uns in der Frage, wie eine solche Maschine technisch zu realisieren sei. Doch das führte zu nichts, da wir für die Beantwortung dieser Frage natürlich nicht über genügend naturwissenschaftliche Kenntnisse verfügten.

3. Einige Teilnehmer dominierten die Diskussion durch ihr stark emotionales Engagement, da die Diskussion von vornherein auf Konfrontation angelegt war. Zum Teil verlief die Argumentation nicht auf inhaltlicher Ebene.

4. Außerdem mussten wir schnell zum Schluss kommen, da es Abendessen gab und die leckeren Salate sonst schon weg gewesen wären. Frei nach dem Motto: „Wer zu spät kommt den bestraft das Leben!“

Literatur:

Churchland, Paul und Patricia (1990): „Ist eine denkende Maschine möglich?“, in: Spektrum der Wissenschaft, März 1990, S. 47-54.

Searle, John R. (1990): „Ist der menschliche Geist ein Computerprogramm?“, in: Spektrum der Wissenschaft, März 1990, S. 40-47.


Gehirn-Geist goes Paradox: Eine unionierte Sitzung der Kurse 6.4 und 6.3

Sitzungsverlauf und Diskussion

[Chinesischer Geist] Zu Beginn der Sitzung hielt der „paradoxe“ Christoph ein Referat über Paradoxien des Bewusstseins, vor allem über das chinesische Zimmer: Dieses Gedankenexperiment von John Searle beschreibt eine Versuchperson in einem abgeschlossenen Raum, welche der chinesischen Sprache nicht mächtig ist. Unter der Tür werden Kärtchen mit chinesischen Schriftzeichen durchgeschoben, auf die die Versuchsperson wiederum mit chinesischen Antworten reagieren muss. Die Konstruktion der Antworten beruht einzig und allein auf Regeln, welche in einem Buch festgehalten sind. Die semantische Bedeutung weder der Fragen noch der Antworten sind der Versuchsperson nicht bekannt. Trotzdem entsteht der äußerliche Eindruck, dass der Inhalt des Zimmers chinesisch versteht, aber in Wirklichkeit wird die Versuchsperson nie die chinesische Sprache und Denkweise erlernen. In dieser Tatsache sah der Paradoxien-Kurs sein Paradox. Unser Kurs sah in diesem Gedankenexperiment eher ein Argument Searles gegen den „Turing-Test“.

In der anschließenden Diskussion ging es um folgende Fragen:

Nach der anschließenden Frühstückspause führte Claudius die Sitzung mit einem Referat über visuelles Bewusstsein fort. Er erklärte den Aufbau des visuellen Systems des Menschen. Die von der Retina aufgenommenen Informationen werden im visuellen Cortex verarbeitet. Die Verarbeitung findet aufgesplittet in Farb-, Form-, Orientierungs- und Bewegungsinformationen in spezialisierten Zellgruppen statt. Francis Crick (Mitentschlüsseler der DNA) und Christoph Koch (ehemaliger Mit-Tübinger von Claudius und Juliane) versuchten den Teil des visuellen Cortex’ zu lokalisieren, in welchem das visuelle Bewusstsein entsteht.

Claudius führte hierzu das markante Beispiel der Blindsicht bei Verletzungen des primären Cortex’ an. Patienten glauben, dass sie an völliger Blindheit leiden. Fordert man sie jedoch auf, Räume zu durch eine geöffnete Tür zu verlassen, finden sie diese in den meisten Fällen auf Anhieb. Daraus schlussfolgert man, dass ihr Gehirn zwar die visuellen Informationen verarbeitet, sie sich dessen aber nicht bewusst sind. Andere Experimente lassen wiederum auf andere Gehirnregionen als Entstehungsort des visuellen Bewusstseins schließen.

Es gibt aber auch Wissenschaftler, welche sagen, dass das Bewusstsein sich nicht auf bestimmte Gehirnareale festlegen läßt, dass es also keinen übergeordneten Gehirnbereich gibt, an welchen alle anderen „berichten“ müssen.

Wertung

Da beide Kurse mit unterschiedlichen Voraussetzungen in die Diskussion gingen, verlief diese eher einseitig. Der Schwerpunkt lag auf Fragen des Gehirn-Geist-Problems, so dass unser Kurs mehr Fachwissen einbringen konnte. Trotzdem war es hoffentlich für beide Parteien schrecklich interessant.


Bewusstsein: Bieri, Frank, Metzinger

Bieri: Rätselhaftes zum Bewusstsein

„Ignorabimus“ – „Wir werden es nicht wissen“, so schloss der Begründer der experimentellen Physiologie Emil du Bois-Reymond im Jahre 1872 einen Vortrag zum Thema Bewusstsein. Aber – werden wir es wirklich nicht wissen? Ist es uns prinzipiell verwehrt, das Rätsel des Bewusstseins zu lösen? Worin eigentlich besteht dieses Rätsel? Und welche Rolle spielt Bewusstsein in unserem Denken über uns selbst und die Welt?

Um diese Fragen besser in den Griff zu bekommen, versucht der Philosoph Peter Bieri in seinem Essay „Was macht Bewusstsein zu einem Rätsel?“ (Bieri 1995) zunächst, den Begriff „Bewusstsein“ zu klären. Sehr vieldeutig ist dieses Wort, sein Kontext zum treffenden Verständnis absolut notwendig.

Zum ersten kann die Fähigkeit zu integriertem Verhalten, also diskriminativem, koordiniertem, angemessenem, kohärentem Verhalten aus innerem Antrieb und mit innerer Steuerung gemeint sein. Weiterhin kann „Bewusstsein“ kognitive Fähigkeiten bedeuten. Bieri unterscheidet hier zwischen Wissen von der Außenwelt, wozu beispielsweise Umweltbewusstsein zählt, und reflexivem Wissen, das sich auf die eigenen mentalen Zustände bezieht, z.B. Erinnerungen.

Zwar ist die heutige Wissenschaft noch Lichtjahre von gesicherten Erklärungen in Bezug auf Verhalten und kognitive Vorgänge entfernt, doch scheinen uns beide Phänomene nicht vor prinzipiell unlösbare Probleme zu stellen.

Das eigentliche Rätsel taucht erst auf, wenn wir uns der dritten Variante von „Bewusstsein“ zuwenden, dem Erleben. Sinnesempfindungen, Körperempfindungen, Emotionen, Stimmungen sowie unseren Willen impliziert dieser Begriff. Nur auf dem Hintergrund dieser Bedeutung von „Bewusstsein“ werden Verantwortungsgefühle und Moralempfinden verständlich. Und das Wichtigste: Erlebnisse sind ausschlaggebend für unsere Subjektivitätserfahrung. Diese Fähigkeit, zu erleben und sich selbst als handelnde Subjekte zu erfahren, stellt das unbegreiflichste Rätsel dar.

Um sich diesem Problem anzunähern, untersucht Bieri im Folgenden den Zusammenhang zwischen Erleben und physiologischen Prozessen. Dass überhaupt ein Zusammenhang besteht, wird nicht bestritten. Bieri nennt drei Aspekte desselben:

  1. Kovarianz (Erlebnisse und Physiologie verändern sich stets zusammen)
  2. Abhängigkeit (Erleben hängt vom physiologischen Geschehen ab, nicht umgekehrt)
  3. Determination (physiologisches Geschehen bestimmt Erleben, nicht umgekehrt)

Es gibt also bestimmte Gesetze und Notwendigkeiten, die Frage ist nur, warum es sie gibt. Was an unserer „Gehirnfabrik“ macht Erleben notwendig? Alle physiologischen Vorgänge könnten genauso stattfinden, ohne dass die betreffende Person irgendetwas erlebt. Bieri spricht in diesem Zusammenhang von der „kausalen Lückenlosigkeit im physiologischen Geschehen“ (Bieri 1995: 71). Warum also verursachen bestimmte Stoffe oder Vorgänge Schmerz oder Angst? Warum ist ein bestimmtes Erregungsmuster im visuellen Cortex relevant für rotes Sehen, nicht für grünes oder blaues?

Zur Erklärung zieht Bieri verschiedenste Dinge in Betracht: Er untersucht den Stoff, die materielle sowie die funktionale Architektur des Gehirns, wendet eine atomistische und eine ganzheitliche Betrachtungsweise an und stellt Erlebnisse zuletzt in einen größeren kausalen Kontext, d.h. er bezieht den ganzen Körper und auch die Umwelt in seine Überlegungen mit ein. Kein Ansatz führt jedoch zur Lösung. Selbst wenn man über alle materiellen Details Bescheid wüsste, wäre es für einen „Gehirnkonstrukteur“ weder vorstellbar noch vorhersehbar, dass am Ende die „Systemeigenschaft“ Bewusstsein und damit Erlebnisse entstünden. Grundsätzlich neu ist, dass aus rein objektiven Determinanten plötzlich etwas Subjektives entsteht. Ein völlig anderer Lösungsweg als die vorgeschlagenen müsste also eingeschlagen werden. Jedoch ist für uns kein anderer Ansatz „denkbar“, wir haben keine Vorstellung davon, was als Lösung „zählen“ würde.

Die kausale Lückenlosigkeit im physiologischen Geschehen lässt den Verdacht aufkommen, dass unser gesamtes Verhalten entfremdet, also unabhängig von unserem Erleben ist. Intuitiv weigert sich Bieri gegen diesen Gedanken, verlangt aber Beweise, um zeigen zu können, dass dem nicht so ist. Ebenso widerstrebt ihm der Ansatz, Erlebnisse in kognitive Strukturen aufzulösen.

Da die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Erlebnissen und physiologischen Prozessen unbeantwortbar scheint, liegt der Gedanke nahe, dass uns grundsätzliche Fehler entscheidende Einsichten versperren. Dies könnte beispielsweise an der Beschreibung des Phänomens des Erlebens liegen: Wir gehen davon aus, dass es Erlebnisse nur gibt, solange sie bewusst sind. In bezug auf Erlebnisse existiert kein Unterschied zwischen Erscheinung und Wirklichkeit. Indem man also etwas Bestimmtes fühlt, erfährt man das Erlebnis in seiner vollen Natur. Es ergibt demnach keinen Sinn, Weiteres über die Natur von Erlebnissen herausfinden zu wollen, weil es nichts Weiteres gibt. Außerdem nimmt Bieri an, dass Erlebnisse einfach und unstrukturiert sind, was es unmöglich macht, sie in einen erklärenden Zusammenhang mit den sehr komplexen und strukturierten physiologischen Vorgängen in unserem Gehirn zu setzen.

Es ergibt sich durch die anscheinende Unlösbarkeit des Problems die fragwürdige Hypothese, dass wir einer prinzipiellen kognitiven Begrenzung unterliegen. Diese könnte zum ersten in der Unfähigkeit bestehen, bestimmte Vorgänge im Gehirn zu erkennen. Zweitens könnten wir an unserem Unvermögen, „richtige“ Begriffe zu entwickeln, also an der Unzulänglichkeit unserer Sprache scheitern. Das wohl schwerwiegendste Problem dürfte in unserer Unfähigkeit bestehen, eine angemessenen Konzeption von Erklären und Verstehen zu finden, also die richtigen Fragen zu stellen und angemessene Lösungswege einzuschlagen.

Daraus folgt die fragliche Behauptung, dass es in der Welt eine Art von Beziehungen gibt, von denen wir nie etwas wissen werden. Bieri hält diese Hypothese für unwiderlegbar und dennoch sehr seltsam: Wir sind fähig, komplizierte Mechanismen zu erklären, Dinge vorherzusehen, Einfluss zu nehmen, aber eine ganze Klasse von Tatsachen, die ganz offensichtlich im Zusammenhang mit dem materiellen Funktionieren des Gehirns steht, bleibt rätselhaft.

In Anbetracht dessen stellt sich die Frage, ob wir vielleicht zu hohe Erwartungen haben. Sollten wir uns nicht einfach mit dem zufriedengeben, was wir haben: Kovarianz, Abhängigkeit, Determination? Können wir uns die Frage abgewöhnen? Nein, antwortet Bieri vehement, denn „solange wir die Antwort nicht kennen, haben wir etwas Grundlegendes an unserem Subjektsein nicht verstanden“ (Bieri 1995: 72).

Frank: Alles ist subjektiv

Im Referat über den Text von Manfred Frank „Ist Subjektivität ein Unding?“ (Frank 1996) ging es um „einige Schwierigkeiten der naturalistischen Reduktion des Selbstbewusstseins“, so der Untertitel. Frank bezeichnet das Selbstbewusstsein als Grundinteresse der neuzeitlichen Philosophie, weil es ohne dieses keine Abgrenzung des Menschen gegenüber physikalischen Entitäten gäbe, und der Physikalismus die einzig angemessene Beschreibung unserer Wirklichkeit wäre. Außerdem gäbe es sonst keine Moralvorstellungen und Ethik.

Nach diesen grundsätzlichen Ausführungen leitet Frank zum Thema Gehirn über und postuliert dieses mit seiner gesamten Struktur als materielles Substrat aller bewußten Erlebnisse und Leistungen. Dabei stellt sich das Problem des physisch-psychischen Zusammenhangs, der nicht unmittelbar eingesehen werden kann. Frank bezieht sich bei seinem Erklärungsversuch auf den Begründer der experimentellen Physiologie Emil du Bois-Reymond, wenn er sagt, dass sich dieses Rätsel der Natur der Dinge nach nicht lösen lasse, weil selbst bei vollständiger Kenntnis der physikalischen Struktur noch eine Erklärungslücke (explanatory gap) hinsichtlich des Psychischen bleiben würde. Er wagt trotzdem die These, dass ein analytisches Verhältnis zwischem Erleben und ErlebnisBewusstsein besteht. Damit meint er, dass es eine unmittelbare Vertrautheit mit dem SelbstBewusstsein gibt, und dieses nicht erst über einen Urteilsakt eines zweiten Bewusstseins entsteht.

Frank führt weiter aus, das Gehirn gehöre zu den Gegenständen, von denen man nicht annehmen würde, dass sie menschliches SelbstBewusstsein oder Erleben hätten. Deshalb kritisiert er die These mancher Neurobiologen, bestimmte funktionale Gehirnzustände seien mit mentalen Zuständen (Erlebnissen) identisch, als unstatthafte Vermischung realistischer und erkenntnistheoretischer Perspektiven. [Selbstbewusstsein] Er fordert konsequenterweise, dass eine solche Identitätstheorie bewiesen und einsehbar gemacht werden müsse (was aber nach Franks Meinung überhaupt nicht machbar sei). Weiterhin behauptet er, dass für jegliche Beobachtung zun;auml;chst ein ungegenständliches Selbstbewusstsein erforderlich sei, um zwischen sich und der beobachteten Umwelt überhaupt differenzieren zu können, was bedeutet, dass eine eindeutige, „objektive“ Beschreibung der Welt, wie der harte Physikalismus sie postuliert, nicht möglich wäre. Nach Frank muss man, um etwas beobachten zu können, eine Vorahnung über die Art der Beobachtung haben.

Außer durch die Annahme, dass es immateriell sei, charakterisiert Frank das Selbstbewusstsein nicht noch näher, weil er behauptet, es sei nicht mit Worten analysierbar, die es nicht schon einschließen würden. So kommt er abschließend zu der These, dass wir Kenntnisse vom Selbstbewusstsein haben, die wir jedoch nicht in Worte fassen können.

Metzinger: Eine neue Wissenschaft des Bewusstseins

Im Referat von Martin über die Einleitung des Bandes „Bewusstsein“ von Thomas Metzinger (Metzinger 1995: 15-53) ging es um die Frage, wie eine aussagekräftige, wissenschaftlich belegbare Theorie über das menschliche Bewusstsein zu erstellen sei.

Um sich dem eigentlichen Problem anzunähern, musste zunächst eine Begriffserklärung erfolgen. Metzinger bezeichnet das bewusste Erleben, das subjektive Empfinden der gesamten Umwelt, als phänomenologisches Bewusstsein, welches mit dem Informationsgehalt der Wahrnehmung zusammen den momentanen mentalen Zustand ausmacht. Die Eigenschaften von Dingen, die jeder Mensch subjektiv wahrnimmt, bezeichnet Metzinger als phänomenale Eigenschaften, und die Wahrnehmung solcher als Qualia. Das Wesentliche an den Qualia ist, dass sie nicht auf eine physikalische Ebene reduzierbar sind. Die Menge der phänomenalen Eigenschaften, die gleichzeitig wahrgenommen und immer als Einheit erlebt werden, bezeichnet er als phänomenale Zustände. Änderungen von solchen phänomenalen Zuständen (z.B. Gefühlsveränderungen bei Vokabelsuche) sind subjektive Ereignisse, welche in unserem Bewusstsein geschehen. Die Verkettung von solchen subjektiven Ereignissen entsprechen also unseren Bewusstseinsvorgängen.

Metzinger stellt drei bisher geltende konkrete Eigenschaften des bewußten Erlebens vor:

Metzinger stellt einige Gegenbeispiele vor: So stellt etwa das Antons-Syndrom, nach dem durch eine Gehirnverletzung Blindgewordene ihre Blindheit abstreiten, die Vorstellung von der Transparenz in Frage. Sie muss also revidiert werden.

Als Gegenbeispiel zur Perspektivität dient die Tatsache, dass Säuglinge ihre Ichbezogenheit bzw. ihre Ichperspektivität erst erlernen müssen. Die Perspektivität scheint also keine automatisch vorhandene Eigenschaft des Bewusstseins zu sein. Dazu kommt, dass Menschen, die eine Schocksituation durchleben, eine Perspektive aus der dritten Person einnehmen. Das Gegenbeispiel zur Präsenz stammt aus der Neurochirugie. Durch Stimulation (Elektrodenreizung der Gehirnrinde) können andere Wirklichkeitszustände ausgelöst werden. Dies hat zur Folge, dass ein vergangenes Erlebnis als intensiv gegenwärtig empfunden wird und sozusagen (künstlich) ein alternativer Wirklichkeitszustand hervorgerufen werden kann. Metzinger folgert daher, dass eine Theorie zur Bewusstseinserklärung, die auf Introspektion beruht, falsch sein könnte.

Auch der sog. explanatory gap zeigt, dass eine Erklärungslücke vorhanden bleibt, wenn alle physiologischen Wege geklärt sind. Phänomenologische Zustände lassen sich durch naturwissenschaftlich-objektive Untersuchungen (z.B. Gehirnstrommessung) nicht vollständig erfassen. Metzinger postuliert daher eine Theorie, die kompromissartig aufgebaut ist:

Metzinger stellt mehrere Projekte der empirischen Bewusstseinsforschung vor, u.a. eines, welches die explanatorische Basis des Bewusstseins festzumachen versucht. Dieses Projekt dreht sich um die Supervenienz, welche besagt, dass keine Änderungen des Bewusstseins stattfinden kann ohne eine Änderung auf der physiologischen Ebene. Das Ziel ist, eine möglichst genaue Beschreibung der minimalen Basismenge der Supervenienzbeziehung zu erreichen, also herauszufinden, was mindestens an Voraussetzungen in der physikalischen Welt notwendig ist, damit sich Bewusstsein einstellt.

In der Philosophie wird die Supervenienzbeziehung, also die Abhängigkeit der geistigen Ebene von der physiologischen, hinterfragt. Entsprechend einer stark dualistischen Position zum Beispiel, besteht die Möglichkeit, dass der phänomenale Gehalt nicht mit bestimmten Formen seiner physischen Realisation zusammenhängt. Metzinger stellt drei Argumente als Beispiel für die Hinterfragung der Supervenienz in der Philosophie dar:

Für Metzinger ist die Frage nach der Natur des Bewusstseins eine Kernvariante des Leib-Seele-Problems, wobei der phänomenale Gehalt der Informationen die Schwierigkeit dieses Leib-Seele-Problems darstellt.

Abschließend ein Zitat von Thomas Nagel, das Metzinger selbst nennt, welches gut in den Zusammenhang passt: „Ohne das Thema ,Bewusstsein‘ wäre das Leib-Seele-Problem weit weniger interessant. Mit dem Thema ,Bewusstsein‘ scheint es hoffnungslos zu sein“ (Metzinger 1995: 48).

Literatur:

Bieri, Peter: „Was macht Bewusstsein zu einem Rätsel“, in: Thomas Metzinger (Hg.): Bewusstsein. Beiträge aus der Gegenwartsphilosophie. Paderborn 1995. S.61-77.

Frank, Manfred (1996): „Ist Subjektivität ein Unding?“, in: Sybille Krämer (Hg.): Bewusstsein – philosophische Beiträge. Frankfurt am Main. S. 66-90.

Metzinger, Thomas (1995): „Was ist Bewusstsein?“, in Thomas Metzinger (Hg.): Bewusstsein. Paderborn u.a. S. 15-53.


„Seid mal kreativ!“: Eine schwierige halbe Stunde

Der geneigte Leser möge sich vorstellen, er befinde sich auf einem Spaziergang in einem wunderschönen Wald. Es ist ganz still, nur die Baumwipfel rauschen leise im Wind und ab und zu singt ein Vogel. Er wandelt auf dem Weg ruhig dahin und läßt die Gedanken nach Herzenslust schweifen. Urplötzlich aber versperrt ihm jemand den Weg und sagt, noch bevor der Spaziergänger sein Erstaunen überwunden hat: „Seien Sie kreativ! Jetzt! Eine halbe Stunde lang!“

Das ist dann wohl der Punkt an dem der geneigte Leser, pardon: Spaziergänger, vermutlich denken wird: Ich glaub’, ich steh im Wald. (Anm. der Verf.: Was in diesem Fall zufällig der Wahrheit entspräche.)

Ähnlich war auch unsere Reaktion, als diese Aufforderung an uns erging, doch befanden wir uns nicht im Wald, sondern waren zur Mittagskursschiene angetreten. Da standen, bzw. saßen wir nun und sahen uns mehr oder minder betreten an. „Seid mal kreativ!“, das sagt sich so leicht, aber die konkrete Umsetzung ist dann schon ein kleines Problem. Denn nach dem Studium zahlreicher Philosophen und ihrer durchdachten, logischen (naja, vielleicht nicht immer so ganz), argumentativen Vorgehensweise bei Problemlösungen war es ja nicht so ohne weiteres möglich, ins Blaue hinein eine Aktion zu starten, oder etwa doch? Man kam überwiegend zu dem Schluss, dass das Problem doch erst einmal analysiert gehörte, und so begann ein jeder im Stillen, die Frage „Was ist Kreativität?“ zu wälzen auf der Suche nach der ultimativen Antwort und einer zündenden Idee für sein Projekt. Hier sollten auch diejenigen erwähnt werden, bei denen die Schnellzündung gegriffen hatte und sie schon eifrig schreiben ließ. Auch sollte die äußerst kreative Idee der hier aus Datenschutzgründen nicht näher beschriebenen Kursleiterin nicht vergessen werden. Sie überkam ein Geistesblitz, der ihr die Worte in den Mund legte: „Ich geh’ mal die Post holen“. (Daraus ergibt sich evtl. die Frage, ob nicht vielleicht der Postbeamte, der die Post aus den Briefkästen zum Postamt holt, ein Meister der Kreativität ist?!)

Abschließend bleibt zu sagen, dass ein ernsthaft verwirrter Kurs sich noch bis zum Mittagessen bemühte, eine akzeptable Aussage über das Phänomen Kreativität zu treffen und schließlich wieder einmal einsehen musste, dass die verschiedenen Ansichten und Auffassungen nicht zu einem Einheitsbrei zu vermischen waren. So ging ein jeder denn seiner Wege (die alle zum Speisesaal führten), und man harrte der Erläuterungen zu dem Problem, welche für den Nachmittag angekündigt waren. Der geneigte Leser, der sich für diese interessiert, möge den nächsten Artikel lesen. Übrigens darf er auch den imaginären Waldspaziergang beenden.


Omm...: Das Phänomen der Kreativität
und ein Erklärungsversuch von Ervin Laszlo (Psi-Feld-Theorie)

Was ist Kreativität?

Um dieser Frage auf die Spur zu kommen, muss man schon kreativ sein. Das waren wir – und zwar „auf Kommando“, genau eine halbe Stunde lang. Aber – ist das nicht paradox? Ist nicht gerade Zeit essenziell für Kreativität? Kann man überhaupt willentlich kreativ sein? Oder basiert Kreativität lediglich auf Zufällen? Ist eigentlich Bewusstsein für Kreativität notwendig? Und noch einmal: Was überhaupt ist Kreativität?

Kreativitätsforscher unterscheiden generell kreative Produkte, Prozesse und Komponenten. Zu deren Beschreibung dienen sehr unterschiedliche Dimensionen wie Originalität, Neuheit, Brauchbarkeit, Komplexität, das Ungewöhnliche, Angemessene etc. Gerade die Integration von Alteritäten und Dualitäten macht nach neuestem Konsens die Struktur von Kreativität aus.

Dass Kreativität zwingenderweise ein „Beobachterkonzept“ darstellt, verdeutlicht Siegfried J. Schmidt, wenn er schreibt: „Das ,kreativ‘ genannte Leistungsvermögen resultiert in Produkten, die der Beobachter als neu, bedeutend und überraschend einschätzt“ (Schmidt 1992: 328).

Kreative Prozesse setzen die Möglichkeit zu eigendynamischen Veränderungen voraus. Die heutige Wissenschaft geht davon aus, dass auch das Universum sich entwickelt, also dynamisch ist. Unvermeidlich drängt sich damit die Frage auf: Ist auch Evolution kreativ? Und noch mehr: Hat Kreativität ein bestimmtes Ziel? Bedeutet sie vielleicht das Streben nach Klarheit, nach Befriedigung, nach Schönheit...?

Laszlos „Kosmische Kreativität“: Die Psi-Feld-Theorie

Mit dem Referat über das Buch „Kosmische Kreativität“ von Ervin Laszlo stellte Julia eine für uns völlig neue Grundlage für eine einheitliche Wissenschaft von Materie, Geist und Leben vor, in der die Kreativität des Universums auch ein wesentlicher Faktor ist. Laszlos Hypothese liefert zudem mögliche Erklärungen zu Phänomenen der Evolutionsproblematik, dem zusammenhängenden Funktionieren des Kosmos und weiteren biologischen und psychologischen Phänomenen.

Ervin Laszlo wurde 1932 in Budapest geboren. Er ist Professor für Philosophie, Systemwissenschaft und Zukunftsforschung und verfaßte bisher über 50 Bücher. Zudem ist er Mitglied im „Club of Rome“ und Berater des Generaldirektors der UNESCO.

[Ommm...] Die Grundlage der Hypothese, die er im vorgestellten Buch entwickelt, bildet das von ihm postulierte universale Psi-Feld, welches man wie die vier bereits akzeptierten physikalischen Felder (elektromagnetisches Feld, gravitatives Feld, schwaches und starkes Kernfeld) lediglich an der Wechselwirkung zwischen Objekten erkennen kann. Dieses postulierte Psi-Feld kann man sich wie die übrigen vier physikalischen Felder als eine Art „Kraftnetz“ vorstellen, das sich über eine unbegrenzte Menge von Teilchen (in diesem Fall Quanten, welche die kleinsten untrennbaren Energieteilchen sind) erstreckt und diese miteinander verbindet. Die verbindenden „Fäden“ des Netzes sind virtuelle, nicht wahrnehmbare Energieströme von flukturierenden Quantenwellen, die die Möglichkeit besitzen, Informationen (Gefühle, Erinnerungen etc.) in Form von Welleninterferenzmustern (spezielle Überlagerung von Wellen) zu übertragen bzw. zu speichern. Aufgrund seiner besonderen Eigenschaften (dreidimensionale, holographische Anordnung, zeitlich und räumlich unbegrenzt und musterbewahrend) agiert das Psi-Feld als Informationsspeicher und als eine Art kreativer Ausgangsort des (außerkörperlichen) Seins; es steht über die virtuellen Energieströme in steter Wechselwirkung mit allen Strukturen der Materie, des Lebendigen und des Geistigen (kurz: mit allen Materie-Energie-Systemen bis zu den Quanten).

Das Psi-Feld speichert somit jegliche Informationen (z.B. über ontogenetische Prozesse, bzw. artspezifische Morphologie) über Erlebnisse, Intuitionen, Erinnerungen, Gefühle, Gedanken usw. der gesamten raumzeitlichen Geschichte der Materie. Die Wirkungen werden augenblicklich über die virtuellen Energieströme übertragen und hängen von den in dem Feld eingeprägten Formen, nicht aber wie üblich von der Feldstärke ab.

Interaktionen des Psi-Feldes mit dem menschlichen Geist

Die Wechselwirkungen zwischen dem Psi-Feld und dem menschlichen Gehirn ist für Laszlo eine Art Spezialfall, da das Gehirn ein höchst empfindliches Signalanalysesystem ist.

Die Interaktion stellt er sich als ein „Ablesen“ aus dem und ein „Einlesen“ in das Psi-Feld vor. Der Einlesevorgang, mit dem die neuronalen Netzwerke des Gehirns über die virtuellen Energieströme Interferenzmuster im Psi-Feld auslösen, geschieht spontan und braucht nicht bis zum Bewusstsein durchzudringen. Der Ablesevorgang, d.h. die Wirkung der informationstragenden Quantenwellen auf das Gehirn, kann bis zum Bewusstsein durchdringen, wenn die linkshemisphärisch beherrschende Zensur in alternativen Bewusstseinszuständen (Meditation u.ä.) aufgehoben wird.

Solche Psi-Feld Wahrnehmungen sind nach Laszlo ein wesentlicher Faktor bei der Informationsverarbeitung im Gehirn, wobei die speziellen „Sinnesorgane“ in diesem Fall die neuronalen Netzwerke des Gehirns selbst sind. Allerdings ignoriert oder unterdrückt das moderne westliche Bewusstsein in seinem gewöhnlichen Zustand meist Informationen, die keine uns offensichtlich „wahrnehmbaren“ Sinnessignale darstellen.

Literatur:

Binnig, Gerd (1989): Aus dem Nichts. Über die Kreativität von Natur und Mensch. München.

Laszlo, Ervin (1995): Kosmische Kreativität. Frankfurt am Main und Leipzig.

Schmidt, Siegfried J. (1992): Der Kopf, die Welt, die Kunst. Konstruktivismus als Theorie und Praxis. Wien u.a. S. 323-329.


Biblisch-Theologisches Denken

Einleitung

Die Bibel legt den Schwerpunkt weniger auf das Leib-Seele-Problem (LSP) an sich, als vielmehr auf den Menschen. Wenn er beschrieben werden soll, kann stellenweise ein Körperteil oder auch Geist oder Seele als pars pro toto für den ganzen Menschen stehen (zum Beispiel Psalm 84,3: „Meine Seele verzehrt sich in Sehnsucht nach dem Tempel des Herrn. Mein Herz und mein Leib jauchzen ihm zu, ihm, dem lebendigen Gott“). Deshalb können Theologen indirekt Aussagen über das LSP machen. Dabei muss festgestellt werden, dass in der Bibel nicht nur zwischen Leib und Seele, sondern trichotomisch zwischen Leib, Geist und Seele unterschieden wird – und zwar ohne je dabei die Einheit des Menschen aus dem Blick zu verlieren.

Heidlers Sicht der Dinge

Christin stellte im Referat die Meinung Heidlers vor (als Vorlage diente Heidler 1983: 56-84), der die einzelnen Komponenten Geist, Seele und Leib separat analysiert, interpretiert und ebenfalls letztlich die Einheit dieser drei feststellt. Heidler schreibt, dass der Geist den Menschen von Gott gegeben ist und sie zu tieferer Erkenntnis und Verständnis befähigt. Er ist allerdings nicht gleichzusetzen mit der Vernunft, sondern deren Voraussetzung. Seine Funktion umfasst noch Weitergehendes, denn durch ihn kann der Heilige Geist mit dem Menschen, der es wünscht, in Verbindung treten und eine Kommunikation des Menschen mit Gott ermöglichen. Der Geist strebt dann danach, den Weisungen des Heiligen Geistes nachzukommen. Bei dieser Interpretation werden die Geistvorstellungen des Neuen und Alten Testamentes von Heidler etwas vermischt.

[Seele als Verbindungsglied] Seele definiert Heidler als das Verbindungsglied zwischen Geist und Leib. Diese Ansicht wurde auch schon von Theologen der Alten Kirche vertreten, z.B. schreibt Justin: „Der Körper ist das Haus der Seele, und die Seele ist das Haus des Geistes“. Durch diese Aussage wird die Seele zur Geistseele, und da der Geist als unsterblich verstanden wird, ist die Seele auch unsterblich. Einzig der Körper ist laut Heidler materiell und deshalb vergänglich. Er ist anfällig für Gottlosigkeit, aber trotzdem erlösungswürdig. Ausführlicher beschäftigten wir uns mit diesem Thema noch in der Sitzung über die christliche Auferstehungshoffnung, deren Ergebnisse sich nicht vollständig mit der Meinung Heidlers decken.

Themenaspekte und Fragen

Durch das Referat ergab sich die Frage, warum Gott Adam und Eva verwehrte vom Baum der Erkenntnis zu essen, obwohl er ihnen den Geist zur tieferen Erkenntnis verliehen hatte. In der anschließenden Diskussion kristallisierten sich zwei unterschiedliche Aspekte heraus. Zum einen, dass der Mensch nicht nach Gottgleichheit streben sollte, wobei dies kein Verbot der Forschung beinhaltet, sondern den Menschen zur Akzeptanz einer niemals endgültigen Lösung anhalten soll. Zum anderen wurde angenommen, dass der Mensch Veränderungen fürchtete und durch diesen Baum eine Warnung vor zu großer Wissbegierde setzen wollte, als er seine Erfahrungen in der Bibel niederschrieb.

Diese Diskussion machte auch deutlich, dass die Bibel aufgrund der vielen Autoren und der großen Zeitspanne, die sie umfaßt, vielfältigst interpretierbar ist und deshalb der historische Kontext der jeweiligen Bibelstelle berücksichtigt werden muss.

Außerdem sprachen wir darüber, dass man im gesamtgesellschaftlichen Diskurs bei jedem Forschungsprojekt auch über die möglichen Konsequenzen – gute wie schlechte – nachdenken und falscher Nutzung vorbeugen sollte. Diese Forderung dehnten wir auch noch auf alle anderen Bereiche aus, in denen der Mensch in irgendeiner Weise Verantwortung für seine Mitmenschen übernehmen muss.

Literatur:

Heidler, Fritz (1983): Die biblische Lehre von der Unsterblichkeit der Seele. Sterben, Tod, ewiges Leben im Aspekt lutherischer Anthropologie. Göttingen.


Der christliche Auferstehungsglaube

Als Einführung zu dem Thema hielt Sebastian ein Referat über Eschatologie (Lehre von den letzten Dingen und vom Endschicksal der Menschen sowie der Welt).

Betreffs der Standpunkte zum christlichen Auferstehungsglauben teilen sich die Gläubigen in drei grobe Gruppen:

  1. diejenigen, die an die leibliche Auferstehung der Toten glauben;
  2. diejenigen, die die Meinung vertreten, dass die Liebe zwischen Gott und uns aufrechterhalten werde, die sich aber nicht sicher sind, was uns nach dem Tod erwartet;
  3. diejenigen, die einzig einen symbolischen Charakter in der Auferstehung sieht, der zu einem ausgefüllten Leben auf Erden anhalten soll.

Dies zeigt, dass es viele Menschen gibt, die Probleme mit dem Thema Auferstehung haben. Christlicher Glaube jedenfalls sagt: Jeder Mensch darf auf Auferstehung und Erlösung hoffen, da Jesus durch seinen Tod und Auferstehung für alle Menschen den Tod überwunden und ihre Sünden gesühnt hat.

Eine zeitliche Abfolge der Ereignisse nach dem Tod kann nicht festgelegt werden. Trotzdem werden immer wieder Versuche gemacht, etwas über Jüngstes Gericht, Auferstehung und Neuschöpfung zu sagen. Es gibt Annahmen einerseits, dass die Auferstehung umgehend nach dem Tod erfolgt, oder andererseits, dass erst bei der Verwirklichung des Reich Gottes auf Erden alle Toten zur selben Zeit auferstehen. Dies ist allerdings für die Toten nicht relevant, da wir nach dem Tod über keinerlei Zeitempfinden mehr verfügen. Anhand von 1. Thess. 4, 13-18 und von 1. Kor. 15, 35-49 versuchten wir herauszufinden, wie die Auferstehung von Paulus für die frühchristlichen Gemeinden erklärt wurde, und kamen zu dem Schluss, dass einzig eindeutig ist, dass wir bei Gott sein werden, dass unsere Identität von Gott gegeben ist und dass es keine unsterblichen Substanzen gibt.

In der anschließenden Diskussion erörterten wir noch weitere Fragen zur Auferstehung. Es kam unter anderem die Frage auf, was geschieht, wenn allen Menschen ihre Sünden vergeben werden und so Peiniger und Gepeinigte im Reich Gottes erneut aufeinandertreffen. Es wurde auch die Frage behandelt, wie es sich nach der Auferstehung mit unseren schlechten Eigenschaften und dem freien Willen verhalte, da im Reich Gottes keine Sünden begangen werden können, und ob dies einen Identitätsverlust bedeute. Außerdem diskutierten wir die Verwirklichung des Reiches Gottes schon in unserer Zeit für kleine Zeitspannen und örtlich begrenzt und kamen zu dem Schluss, dass dies möglich sei, da das Reich Gottes zeitlos und deshalb gleichzeitig zu unserer Zeit sein könnte. Des weiteren erörterten wir, ob eine Neuschöpfung Pflanzen und Tiere einschließe.

Abschließend stellten wir fest, dass all diese Fragen letztendlich im Bereich des persönlichen Glaubens lägen, da es nie einen wissenschaftlichen Beweis für die Auferstehung geben wird. Selbst die wissenschaftliche Widerlegung von Jesu Auferstehung wäre nicht relevant für die Hoffnung auf eine Erlösung. Ganz willkürlich wird der Glaube des einzelnen damit aber dennoch nicht, da er sich an den biblischen Texten zu bewähren und in der Gemeinschaft der Kirche zu verantworten hat – von dieser Gemeinschaft her aber auch Kraft und Stütze erhält.


Was hat Sprache mit Denken zu tun? Die Sapir-Whorf-Hypothese

Einleitung

Anfang dieses Jahrhunderts beschäftigten sich die beiden amerikanischen Linguisten Edward Sapir (1884-1939) und Benjamin Lee Whorf (1897-1941) mit den Zusammenhängen zwischen Sprache und Denken.

[Mould Theories] Grundsätzlich existieren zwei gegensätzliche Theorien zu diesem Thema: Während nach den mould theories Sprache als eine Art Gussform für geistige Begriffe angesehen wird, verstehen Verfechter der cloak theories Sprache als äußeren Mantel des Geistes, Gedanken als Innenseite desselbigen (vgl. Identitätstheorie).

Als überzeugter Vertreter der mould theories formuliert Sapir die Grundannahme seiner Hypothese folgendermaßen: „Tatsache ist, dass die ,reale Welt‘ einer Gruppe Menschen zu einem großen Anteil unbewusst auf ihren Sprachgewohnheiten aufgebaut ist“ (Sapir 1949: 162). Whorf nimmt mit seiner Hypothese, dass Sprache Denken vollkommen determiniert, einen noch radikaleren Standpunkt ein. Aus seiner Behauptung schließt er, dass verschiedene Sprachkulturen unterschiedliche Weltanschauungen hervorrufen. Sowohl durch empirische, als auch durch linguistische Gegenbeispiele kann dieser radikale Whorfianismus jedoch entkräftet werden.

Als Folge entwickelte sich der moderate Whorfianismus, nach dem Sprache Denken zwar beeinflusst, aber nicht determiniert. Zur Erklärung dieser Theorie führt George Lakoff 1987 folgende vier Grundbegriffe ein.

  1. Sprache
  2. Erfahrung
  3. konzeptuelle Systeme
  4. konzeptuelle Fähigkeiten

Beschreibung der Begriffe

Lebensraumbedingte Erfahrungen prägen die Sprache einer Kultur. Prinzipiell besitzt jeder Mensch von Natur aus die gleichen konzeptuellen Fähigkeiten: Er kann Fremdsprachen erlernen und verstehen und sich so ein bestimmtes Weltbild konzipieren. Da verschiedene Sprachen unterschiedliche konzeptuelle Systeme aufbauen, also ein spezielles Denkmuster über die Welt suggerieren, ist jeder Mensch durch seine Sprachkenntnis in seiner Wahrnehmung der Wirklichkeit eingeschränkt. Nach Whorf sind wir damit alle „Gefangene unserer Sprache“, deren konzeptuelles System, welches wir nicht kontrolliert verändern können, unsere Handlungen bedingt.

Das Kay-Kempton-Experiment

Die beiden Forscher Paul Kay und Willett Kempton versuchten (in Kay 1984) anhand eines Versuches zu beweisen, dass unterschiedliche konzeptuelle Systeme unterschiedliches Verhalten zu Folge haben. In diesem Experiment wurden einer englischsprachigen und einer Tarahumara (eine Variante des Uto-Aztekischen) sprechenden Gruppe von Versuchspersonen drei verschiedenfarbige Chips vorgelegt (siehe das Schema unten). Dabei wurde den Personen die Frage gestellt, welcher Chip sich farblich am meisten von den anderen unterscheide.

Chip A Chip B Chip C
[Chip A] [Chip B] [Chip C]
Wellenlänge (fiktiv) 100 160 200
Englisch blue green
Tarahumara (ein einziger Farbbegriff)

Ergebnis: Sprecher des Tarahumara wählten Chip A, während Sprecher des Englischen sich für Chip C entschieden.

Deutung: Da im Tarahumara für alle drei Farbnuancen nur eine Bezeichnung existiert, wurde der physikalisch unterschiedlichste Chip ausgewählt. In der englischen Sprache dagegen verläuft zwischen Chip B und C eine semantische Grenze zwischen blue und green, so dass das konzeptuelle System ihrer Sprache die Engländer Chip C wählen ließ. Das heißt, das konzeptuelle System der Sprache beeinflusst unser Handeln.

Literatur:

Chandler, David (1996): The Act of Writing. (Ort unbekannt)

Kay, Paul und Willett Kempton (1984): „What is the Sapir-Whorf-Hypothesis?“, in: American Anthropologist, vol. 86, No. 1, März 1984.

Lakoff, George (1987): Women, Fire and Dangerous Things. Chicago.

Sapir, Edward (1949): Selected Writings. Ed. D.G. Mandelbaum. Berkeley.

Vilbazo, Kay Gonzàlez Vilbazo (1995): Linguistik-Forum, WS 1994/95 (aus dem Internet). Köln.

Whorf, Benjamin Lee (1991): Sprache, Denken, Wirklichkeit. Reinbek bei Hamburg.



Und nun? Versuch einer Zusammenfassung

Pro Tag waren wir mindestens 5 Stunden mit Textarbeit, Referaten und vor allem mit langen anschließenden Diskussionen beschäftigt. Da unsere Fragestellung ein so riesiges Spektrum abdeckte, kamen so viele Themen zur Sprache, dass es an dieser Stelle unmöglich ist alle aufzuführen.

Die Atmosphäre im Kurs war, trotz mancher hitziger Diskussionen, im Großen und Ganzen wirklich gut. Gerne erinnern wir uns an das Volleyballturnier. Bei diesem Ereignis entwickelten wir ein Gemeinschaftsgefühl auf sozusagen geistiger Basis. Dieses Gefühl drückte sich in einem meditativen Omm vor jedem Angriff der Gegner aus. Diese Atmosphäre und das Klima im Kurs ist auch größtenteils auf die Vorarbeit unserer Kursleiter zurückzuführen, die durch geschickte Textauswahl den Diskussionsrahmen schon vorgaben. So entstand sozusagen Freiheit durch Planung (ein neues Paradoxon!?).

Jetzt, da die zwei Wochen intensivster Arbeit, schneller als wohl im vorhinein erwartet, vorbei sind, taucht verständlicherweise die Frage nach dem Sinn immer häufiger in unseren Gedanken auf: Was hat uns die Akademie persönlich gebracht, welche Erfahrungen können wir mitnehmen?

Auch diese Fragen wurden mit dem Kurs besprochen. Das Feedback war sehr positiv. Als richtungsweisend kann man die letzten Wochen insofern bezeichnen, als dass jedem einzelnen bewusst geworden ist, dass es keine endgültige Lösung auf die Fragestellung gibt, und weiter, dass keine Diskussion umsonst war und die Einstellung zum Themenkomplex durch das intensive Durchsprechen der verschiedenen philosophischen Lösungsansätze möglicherweise erleichtert wurde, wir lernten zu differenzieren. Zudem wurden so viele Themenbereiche angeschnitten, dass ohne Zweifel von einer Horizonterweiterung im gesamten Denken gesprochen werden kann.

Die augenscheinlich „negativen“ Erfahrungen, z.B. eine missglückte Diskussion, erscheinen im nachhinein gänzlich positiv, denn so hat man viel gelernt, wenn auch nur, dass es wichtig ist gegenüber anderen Richtungen tolerant zu sein, sich nicht zu versteifen, sondern immer „offen“ zu bleiben.

Nicht vergessen dürfen wir an dieser Stelle unsere, vorhin schon einmal erwähnten, sympathischen Kursleiter Juliane Müller und Claudius B. Griesinger. Sie ließen uns viel Freiraum. Angenehm war, dass sie glücklicherweise vermieden die „Lehrerrolle“ zu übernehmen, und es nicht scheuten mit zu diskutieren, was oft neue interessante Aspekte hervorbrachte. Da die beiden sich meistens nicht einig waren, entstand die eine oder andere komische Situation in einer Diskussion. Zugleich zeigte dies uns aber, dass es keine alles abdeckende und umfassende Antwort auf unsere anfängliche Frage gab.

Im Namen des gesamten Kurses glauben wir, uns für eine wunderbare Zeit bedanken zu dürfen. Es hat uns riesigen Spaß gemacht.

Post scriptum

Bei den endlosen Diskussionen, die eigentlich nur durch die festgelegten Essenspausen widerwillig unterbrochen wurden (wie war das? Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen?), gab es viel zu lachen. Hier ein paar wenige Zitate, die auch später immer noch zu Gelächter führten, wenn man sie nur erwähnte:

Post post scriptum

Hat die Zweite Wiener Schule ein komplexes Gehirn-Geist-Problem (Psst!) mit den Paradoxien, die sich aus dem Menschenrechtsverständnis ergeben?

[Bin ich, oder bin ich nicht, bin ich, oder...]

Zuletzt geändert: 1997-07-28 (mk) | webmaster@dsa.mayers.de