Blutner/Hauptfragen der Sprachphilosophie


    Was Bedeutungen sind II: die kognitivistische Antwort


                Was an der Bedeutungstheorie wirklich wundernimmt, ist, wie lange sie unter dem Joch philosophischer Irrlehren gestanden hat und wie hartnäckig diese Irrlehren sind.  HILLARY PUTNAM
                 
    Für das Folgende nehmen wir ähnlich wie Fodor (1975) oder Jackendoff (1983) eine „interne Sprache" M (Mentalese, Markerese) an. Dabei ist es relative gleichgültig, ob wir uns die Bedeutungen von Ausdrücken als eine Art expliziter Definitionen in Termen von M vorstellen oder ob wir annehmen, daß Bedeutungen mit atomaren Ausdrücken von M verknüpft sind, die ihrerseits durch ein Netz von Beziehungen mit anderen Ausdrücken verwoben sind, sodaß implizit ihr Inhalt definiert werden kann.  Wichtig sind nun zwei plausibel erscheinende Eigenschaften dieses Bedeutungsbegriffs.
     
    Zwei Eigenschaften von Bedeutungeni
    I Bedeutungeni sind im Kopf. D.h., wenn man eine bestimmte Bedeutung (Sinn, Intension) erfaßt, also einen gewissen Ausdruck versteht, dann befindet man sich in einem bestimmten psychischen Zustand.
    II Die Bedeutung (=Sinn, Intension) eines Ausdrucks bestimmt dessen Extension (Begriffsumfang)

    Hilary Putnam hat nun durch einige überzeugende Beispiele gezeigt, daß diese beiden Hypothesen nicht plausibel miteinander verträglich sind. Bedeutungen sind also entweder nicht (vollständig) im Kopf oder sie bestimmen nicht (vollständig) die Extension von Ausdrücken .

    Hilary Putnam ist Professor für Moderne Mathematik und mathematische Logik an der Harvard Universität. Wesentlich beeinflußt von Willard van Ornim Quine, sieht sich Putnam selbst als einen der „Überwinder" des Positivismus. Putnam ist Autor zahlreicher einflußreicher Aufsätze und Bücher. „The meaning of ‚meaning'", „Realism with a Human Face" und „Words and Life"  sind prominente Beispiele.
        "In this bold, energetic, and extensive work, Putnam undertakes a revitalization of philosophy. He wants to put philosophy back in touch with the 'human issues which it has always been philosophy's highest goal to articulate' . . . This is exciting and engaging stuff, and anyone with an interest in philosophy, at whatever level, will enjoy it and learn from it.  (A. W. Moore, Times Literary Supplement)

    Putnams Zwillingserde-Argument
    „Irgendwo in derMilchstraße gibt es einen Planeten den wir die Zwerde nennen. Die Zwerde ist gleichsam ein Zwilling der Erde; die Menschen auf der Zwerde sprechen wahrhaftig sogar Deutsch. Der Leser darf getrost annehmen, daß die Zwerde, abgesehen von den Unterschieden, die wir in unserem Science-fiction-Beispielen angeben, der Erde exakt gleicht. ...

    Eine der zwirdischen Eigentümlichkeiten besteht darin, daß die Flüssigkeit, die dort ‚Wasser' genannt wird, nicht H2O ist, sondern eine andere Flüssigkeit mit einer sehr langen und komplizierten chemischen Formel, die ich hier einfach mit XYZ abkürzen will. Ich werde annehmen, daß sich XYZ bei normalen Temperatur-und Druckverhältnissen von Wasser nicht unterscheiden läßt. Insbesondere schmeckt es und löscht den Durst wie Wasser. Auch sei angenommen, daß die die Meere, Seen und Flüsse der Zwerde XYZ enthalten und nicht Wasser,, daß es auf der Zwerde XYZ regnet und nicht Wasser; und so weiter.

    Wenn ein Raumschiff von der Erde je die Zwerde besuchen sollte, so wird die erste Vermutung sein, daß „Wasser" auf der Zwerde dieselbe Bedeutung hat wie auf der Erde. Mit der Entdeckung, daß auf der Zwerde ‚Wasser' XYZ ist, wird dieser Vermutung korrigiert werden, und das irdische Raumschiff wird nach Hause funken:

      „Auf der Zwerde bedeutet das Wort ‚Wasser' XYZ."
    Der umgekehrte Fall ist dazu symmetrisch: Wenn ein Raumschiff von der Zwerde je die Erde besuchen sollte, so wird die erste Vermutung sein, daß „Wasser" auf der Erde dieselbe Bedeutung hat wie auf der Zwerde. Mit der Entdeckung, daß auf der Erde Wasser H2O ist, wird diese Vermutung korrigiert werden, und das zwirdische Raumschiff wird nach Hause funken:
      „Auf der Erde bedeutet das Wort ‚Wasser' H2O."
    Man beachte, daß an der Extension des Wortes „Wasser" nichts problematisch ist. Das Wort hat einfach, so würden wir sagen, zwei verschiedene Bedeutungen: In dem Sinn, in dem es auf der Zwerde verwandt wird, im Sinne von WasserZ, ist das, was wir Wasser nennen, einfach kein Wasser; in dem Sinn, in dem es auf der Erde verwandt wird, im Sinne von WasserE, ist das, was die Zwerdlinge ‚Wasser' nennen, einfach kein Wassser. Die Extension von „Wasser" im Sinne von WasserE ist so etwas wie die Menge aller aus H2O-Molekülen bestehenden Gesamtheiten; und die Extension von von „Wasser" im Sinne von WasserZ ist so etwas wie die Menge aller aus XYZ-Molekülen bestehenden Gesamtheiten.

    Drehen wir nun die Zeit ungefähr ins Jahr 1750 zurück. Sowohl auf der Erde wie auf der Zwerde war die Chemie damals noch nicht entwickelt. Ein des Deutschen mächtiger Erdling wußte damals normalerweise nicht, daß Wasser aus Wasserstoff und Sauerstoff besteht, und ein des Deutschen mächtiger Zwerdling wußte damals normalerweise nicht, daß ‚Wasser' aus XYZ besteht. Sei Oskar1 ein solcher Erdling und Oskar2 sein zwirdisches Gegenstück, und sei ferner angenommen, daß Oskar1 bezüglich Wasser dieselben Überzeugungen hat wie Oskar2 bezüglich ‚Wasser'. Wer will, kann ruhig annehmen, daß Oskar1 und Oskar2 in ihrem Aussehen, in ihren Gedanken und Gefühlen, in ihren inneren Monologen etc. sogar exakt übereinstimmen. Doch war die Extension des Ausdrucks „Wasser" auf der Erde im Jahre 1750 die gleiche wie im Jahre 1970, nämlich H2O; und die Extension des Ausdrucks „Wasser" war uaf der Zwerde im Jahre 1750 die gleiche wie im Jahre 1970, nämlich XYZ. Oskar1 und Oskar2 faßten also im Jahre 1750 den Ausdruck „Wasser" verschieden auf, obwohl sie sich im selben psychischen Zustand befanden und obwohl ihre Wissenschaften bei ihrem damaligen Stand noch etwa 50 Jahre brauchten, um zu entdecken, daß sie den Ausdruck „Wasser" unterschiedlich verstanden haben. Das heißt, daß die Extension des Ausdrucks „Wasser" keine Funktion allein des psychischen Zustands des Sprechers ist." (Putnam 1990. S. 32ff)

    Schematische Zusammenfassung der Beobachtungen
    Sprecher und 
    Sprechzeitpunkt
    Extension Für wahr gehaltene Äußerungen

    W
    Erdling 1970 H2O Auf der Zwerde gibt es kein Wasser. Wasser ist H2O.
    A
    S
    Zwerdling 1970  XYZ Auf der Erde gibt es kein Wasser. Wasser ist XYZ
    S
    E
    Erdling 1750 H2O Auf der Zwerde gibt es Wasser
    R Zwerdling 1750 XYZ Auf der Erde gibt es Wasser

    Putnams Ulmen-Argument
    Nehmen wir an, du ähnelst mir darin, daß du gleich mir Ulmen und Buchen nicht auseinanderhalten kannst. Wir sagen dennoch, daß die Extension von „Ulme" in meinem Idiolekt dieselbe ist wie die Extension von „Ulme" im Dialekt anderer, nämlich die Menge aller Ulmen, und daß die Extension von „Buche" in deinem wie in meinem Idiolekt die Menge aller Buchen ist. „Ulme" in meinem Idiolekt hat also (wie es sich gehört) eine andere Extension als „Buche" in deinem Idiolekt. Ist es wirklich plausibel, daß dieser Extensionsunterschied von einem Unterschied in unseren Begriffen herrührt? Mein Begriff von Ulmen ist derselbe wie mein Begriff von Buchen (wie ich zu meiner Schande gestehen muß). Sollte jemand unverzagt weiter dabei bleiben wollen, daß sich der Unterschied zwischen der Extension von „Ulme" und der von „Buche" in meinem Idiolekt durch eine Variation in meinem psychischen Zustand erklären lasse, so können wir ihn jederzeit durch die Konstruktion eines neuerlichen Zwerde-Beispiels widerlegen: Man denke sich einfach die Wörter „Ulme" und „Buche" auf der Zwerde vertauscht; außerdem nehme man an, daß auf der Zwerde ein exakter Doppelgänger von mir existiert. Es ist absurd anzunehmen, sein psychischer Zustand sei auch nur ein Jota anders als meiner; und doch meint er Buchen, wenn er „Ulme" sagt, und ich meine Ulmen, wenn ich „Ulme" sage. Man kann's drehen und wenden, wie man will, Bedeutungen sind einfach nicht im Kopf." (Putnam 1990. S. 36f)

    Putnams Lösung: Bedeutungen sind nicht im Kopf, bestimmen aber die Extension
    Für Putnam tragen zweierlei Faktoren zur Bestimmung der Extension bei: die soziale Umgebung und die natürliche Umgebung. Das Ulmen-Argument suggeriert den Beitrag der sozialen Umgebung. Häufig ist es so, daß nur einige Benutzer eines Wortes, die Sachkundigen, dazu imstande sind, zuverlässig festzustellen, auf welche Gegenstände ein Wort zutrifft. Laien sind bei der Verwendung dieses Wortes auf die Kooperation mit den Sachkundigen angewiesen. Gemäß Putnams These von der sprachlichen Arbeitsteilung reicht es aus, wenn die Sprachgemeinschaft als ganze den Bezug ihrer Wörter bestimmen kann. Die prinzipielle Verfügbarkeit geeigneter Experten für die Bestimmung der Extension einzelner Wörter ist also, damit in einer Sprachec die Extensionen ihrer Wörter festgelegt sind. Die sogenannte kausale Theorie der Referenz (Kripke 1972) faßt Putnam als Spezialfall dieser sprachlichen Arbeitsteilung auf. Denn diese Theorie läuft gerade darauf hinaus, daß die Referenz etwa eines Eigennamens dadurch bestimmt ist, daß seine Benutzer mit anderen Personen in Kooperation stehen oder gestanden haben, die in der Lage sind sind oder waren, den Namensträger zu identifizieren.

    Das Zwillingserde-Argument zeigt, daß über eine versteckte Indexikalität auch die natürliche Umgebung zur Festlegung des Bezugs von Wörtern wesentlich ist. Ähnlich wie die Herstellung eines Bezugs für offen indexikalische Ausdrücke wie „du" und „ich" wesentlich von der Äußerungssituation abhängt (Wer ist der Sprecher und wer ist der Angesprochene?), so verhält es sich auch bei Wörtern wie Wasser, Erde, Luft und Feuer. Ihre versteckte Indexikalität besteht darin, daß in irgendeiner Umgebung oder irgendeinen möglichen Welt etwas genau dann z.B. Wasser ist, wenn es dem Wasser hier in unserer Umgebung gleicht.

    Nun gibt es offenbar zwei Möglichkeiten, den Zusammenhang zwischen Bedeutung, individueller Kompetenz und Extension darzustellen. Die erste, von Putnam favorisierte Möglichkeit, sieht Bedeutung als eine Größe, welche die Extension bestimmt. Dazu faßt er Bedeutung als eine Art Vektor auf, der neben einer Komponente der individuellen Kompetenz auch Komponenten enthält, welche die soziale und natürliche Umwelt beschreiben und damit die Extension festlegen. Die Bedeutung als Ganzes kann dann nicht durch einen bestimmten psychischen Zustand determiniert sein. Was Putnam im Sinne hat, ist somit ein realistischer Bedeutungsbegriff. Bedeutungen als Ganzes können nicht individuell erfaßt werden. Das schließt nicht aus, das einzelne Komponenten psychologisch realisierbar sind, und Putnam legt Wert darauf, daß dies so ist. So ist für ihn auch das Herausfinden des geeigneten Systems zur Repräsentation von Stereotype keine Aufgabe der philosophischen Diskussion, sondern eine Aufgabe der kognitiven Linguistik und Psycholinguistik. Die Bedeutung von „Wasser" in unserer Erdlingssprache enthält laut Putnam etwa folgende Einträge:

    Bedeutungc von Wasser
    semantischer Marker 
    (das sind Merkmale hoher Zentralität)
    natürliche Art, Flüssigkeit
    Stereotyp 
    (bestimmt durch Merkmale mittlerer Zentralität)
    farblos, durchsichtig, ohne Geschmack, durstlöschend etc.
    Extension situationsabhängig, auf Zwillingserde bestimmt durch chemisches Wesen: H2O (mit oder ohne Beimengungen)

    Alternative Lösung: Bedeutungen sind im Kopf, bestimmen aber die Extension nicht
    Die zweite Möglichkeit sieht Bedeutungen nicht als eine Größe, welche die Extensionen determinieren Sie legen höchstens so etwas wie einen vermeintlichen (oder intern projizierter) Bezug fest. Das läßt alle Möglichkeiten zur Korrektur offen. Dabei spielen sowohl soziologischen Faktoren eine entscheidende Rolle (- in gewissen Fragen verlasse ich mich lieber auf „Experten" -) als auch Faktoren der natürlichen Umwelt. Wenn ich auf eine fremden Planeten komme, dann halte ich zunächst all das für Wasser, was laut meinen Stereotypen als solches erscheint. Stellt sich heraus, das gewisse (von mir oder anerkannten Experten akzeptierte) Wesensmerkmale nicht zutreffen, dann korrigiere ich meine Meinung, daß es sich hier um Wasser handelt. Anders in meiner gewohnten Umgebung. Wenn ich (oder von mir anerkannte Experten) feststellen, das alles, was ich bisher für Wasser gehalten habe, nicht dem Wesensmerkmal „besteht aus H2O-Molekülen" entspricht, dann werde ich meine Meinung, daß es sich hiebei um Wasser handelt, vermutlich nicht korrigieren, sondern ich korrigiere das frühere Wesensmerkmal und sage: Es hat sich herausgestellt, daß Wasser in Wirklichkeit nicht aus H2O-Molekülen besteht, sondern aus XYZ-Molekülen.

    Bedeutungi von Wasser
    semantischer Marker natürliche Art, Flüssigkeit
    Stereotyp farblos, durchsichtig, ohne Geschmack, durstlöschend etc. 
    bestimmte Wesensmerkmale (besonders bei Kindern nur unklare Vorstellung)

    In unser gewohnten Umgebung bestimmt also das Stereotyp den projizieren Bezug, und auf der Zwerde bestimmt das Wesensmerkmal den projizieren Bezug. Die Salienzen der im Stereotyp verankerten Merkmale ändern sich in Abhängigkeit vom Aufenthaltsort. Und das ist es, was die versteckte Indexikalität im der jetzt angenommenen kognitivistischen Grundhaltung (Bedeutungeni sind im Kopf) ausmacht. Peter Gärdenfors (1993) hat übrigens gezeigt, wie auf dieser Grundlage, so etwas wie eine „gemeinsame Bedeutung", Bedeutungc zustande kommen kann.

    Putnam selbst hat in späteren Werken seine nunmehr als „metaphysischen Realismus" gebrandmarkte Position zugunsten eines „internen Realismus" aufgegeben. Dabei wird die Schwierigkeit des Realisten aufs Korn genommen, daß es mehrerer ‚wahre' Theorien über die Welt geben kann und keine Entscheidung zwischen diesen möglich und nötig ist. Das einzige, was der Realist tun kann, um Referenz eindeutig festzulegen, ist eine Art ‚metaphysischen Klebstoff' zu postulieren, der Referenz auf magische Weise festlegt. Innerhalb einer Theorie ist jedoch eine realistische Position nach wie vor angemessen. Für viele orthodoxe Anhänger des Realismus ist Putnam dadurch zum „Antirealisten" geworden.

    Kurze Bemerkung zur Davidsonischen Semantik
    In der Vorlesung zum Wahrheitsbegriff, haben wir kurz die Vorstellung von Davidson betrachtet, demzufolge das Schema W von Tarski zur Definition der Bedeutung von Ausdrücken der Objektsprache verwendet werden kann, wenn die Metasprache und das Prädikat ist wahr als verstanden angenommen werden.

    Donald Davidson(W)  „S" ist wahr genau dann, wenn S' (wobei S' ein Satz der Metasprache ist, der zu dem Satz S der Objektsprache korrespondiert)

    Es besteht kein Zweifel daran, daß „Übersetzungsregeln" dieser Art in gewissen Fällen die Bedeutung mancher Wörter und Strukturen festlegen, z.B. in Fällen wie

    (*)  „x IST JUNGGESELLE" ist wahr genau dann, wenn x erwachsen, männlich und verheiratet ist.

    Dabei spielt es übrigens keine wesentliche Rolle, ob man die Metasprache als vom Standpunkt des Realisten oder des Kognitivisten ("Language of Thought") konzipiert denkt. Putnam macht nun auf folgende Schwierigkeit aufmerksam:

    „Für viele Wörter kann man eine extensional korrekte Wahrheitsdefinition angeben, ohne diese irgendwie als Aussage über die Bedeutung dieser Wörter auffassen zu können. Betrachten wir z.B. die Formel
        „x  IST WASSER" ist wahr genau dann, wenn x  H2O ist
    Dies ist eine extensional korrekte Wahrheitsdefinition für „Wasser". Zumindest ist sie dann extensional korrekt, wenn wir davon absehen, daß nicht chemisch reines Wasser auch Wasser genannt wird. Nehmen wir an, daß die meisten Sprecher nicht wissen, daß Wasser H2O ist. Dann verrät uns diese Formel überhaupt nichts über die Bedeutung von Wasser. Sie mag für einen Chemiker aufschlußreich sein, aber sie kann nicht als Aussage über die Bedeutung von Wasser gelten. Als Aussage über die Extension des Wortes „Wasser" kann man sie gelten lassen, aber Davidson hat uns mehr in Aussicht gestellt." (Putnam 1990, S. 81)

    Wenn man eine Bedeutungstheorie im Sinne Davidsons als eine Theorie der Übersetzung ansieht, die über eine Definition der Wahrheitsbedingungen auch die Bedeutung der Ausdrücke festlegt, dann ersieht man unschwer, daß dies nur bei wenigen Wörtern wie „und" und „Junggeselle" gelingen kann. Für die große Mehrzahl der Wörter sind die Erfordernisse einer Wahrheitstheorie mit denen einer Bedeutungstheorie unverträglich.

    „Der Haken ist, daß die einzigen Ausdrücke, die sowohl die gleiche Extension als auch ungefähr das gleiche Stereotyp wie X haben, in der Regel Ausdrücke sind, in denen X selbst wieder vorkommt. Verbieten wir solche Wahrheitsdefinitionen wie
        „x  IST WASSER" ist wahr genau dann, wenn x  Wasser ist,
    weil sie uns überhaupt nichts über die Bedeutung von „Wasser" sagen, ...so bleibt uns gar nichts mehr ..." (Putnam 1990. S. 82)

    Damit ist das Projekt des Aufbaus einer Bedeutungstheorie in Form einer Wahrheitsdefinition (wahrheitsfunktionale Semantik) gescheitert, übrigens unabhängig davon, ob man eine realistische oder kognitivistische Position einnimmt.


    Literatur:

  • Donald Davidson (1986): Wahrheit und Interpretation. Suhrkamp
  • Jerry Fodor (1975): The language of thought. Harvard University Press
  • Peter Gärdenfors (1993): The emergence of meaning. Linguistics & Philosophy 16, 285-309
  • Ray Jackendoff (1983): Semantics and cognition. MIT Press
  • Saul Kripke (1972): Naming and necessity. Basil Blackwell
  • Hilary Putnam (1990): Die Bedeutung von "Bedeutung". Klostermann